Sauberer, leiser und vor allem smarter

Hannover. Mit mehr als 2.100 Ausstellern aus über 50 Ländern öffnete die IAA Nutzfahrzeuge am 20. September ihre Tore. Dabei war die Zahl der angekündigten Weltpremieren so hoch wie noch nie: Für die rund 250.000 Besucher gab es an den acht Messetagen rekordverdächtige 435 Weltpremieren zu entdecken. Im Fokus der diesjährigen IAA standen besonders die Themen Elektromo­bilität, Digitalisierung, Vernetzung, automatisiertes Fahren und urbane Mobilität. Das übergeordnete Motto lautete dabei „Driving tomorrow“.

„Wer sich auf dem Messegelände umsieht, der erkennt sofort: Die gesamte Nutzfahrzeugindustrie ist im Aufbruch. Ob Hersteller von Lkw, Transportern oder Bussen, ob Hersteller von Anhängern und Aufbauten oder die vielen hoch spezialisierten Zulieferer, ob Start-ups oder neue Service-Anbieter: Sie alle gehen neue Wege, um den Transport der Zukunft zu gestalten,“ so Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), anlässlich der Mes­seeröffnung. Doch, so Mattes, Mobilität dürfe nicht zulasten von Klima, Umwelt oder Sicherheit gehen. Aus diesem Grund gab es auf den Pressekonferenzen der Hersteller nicht nur zahlreiche Konzepte zu alternativen Antrieben zu sehen, sondern auch viele Neuheiten im Bereich der Assistenz- und Telematiksysteme. Letztere präsentier­te beispielsweise das Unternehmen GPSoverIP.

 

Ein Auge für alle

Das „GPSauge“ funktioniert herstellerübergreifend und ist damit als Telematiklösung einzigartig“, sagt André Jurleit, Geschäftsführer GPSoverIP, über den Star in seinem Portfolio. Seit 1996 ist das frän­kische Unternehmen aktiv im Telematikmarkt, seit 2003 mit einer eigenen Produktentwicklung und -fertigung in Deutschland. Rund 40 Mitarbeiter beschäftigt GPSoverIP und akquiriert seine Kunden branchenübergreifend, jüngst auch die Deutsche Bahn. André Jur­leit erläutert im Gespräch mit Treffpunkt.Bau-Redakteur Peter Heb­beker den großen Erfolg seiner Entwicklung.

„Der Bauunternehmer hat verschiedene Fahrzeuge im Einsatz. Nicht nur den klassischen Bagger, sondern auch Radlader, Lkw etc. und vor allem auch vielfältige Anbaugeräte. Meist stammen diese Ma­schinen nicht vom gleichen Hersteller. Dennoch möchten Unter­nehmer über ihren gesamten Fuhr- und Maschinenpark die Vorteile der Telematik nutzen. Hier stellen sich verschiedene Aufgaben. Bei einem Lkw müssen z. B. die Lenk- und Ruhezeiten beachtet und der digitale Tacho archiviert werden. Bei einem Bagger wiederum richtet sich der Blick auf die Betriebsstunden und beim Anbauge­rät ist die Positionsbestimmung vorranging, um den Überblick zu behalten. Anstatt für jede dieser Aufgaben eine gesonderte Insellö­sung anzubieten, haben wir unser GPSauge von Grund auf darauf konzipiert, alle Anforderungen abbilden zu können. Zentraler Punkt dabei ist der Zugriff auf die Telemetrie der Maschine. Aus diesen Daten kann das GPSauge alle benötigten Informationen gewinnen, egal ob Lkw, Baumaschine oder auch landwirtschaftliches Gerät. Was unser GPSauge nun be­sonders auszeichnet, ist, dass es herstellerübergreifend mit allen Telemetriedaten arbei­ten kann. Es ist also völlig egal, welche Maschinengattung und welche Marke – das GPSauge funktioniert immer, sobald das Fahrzeug bzw. die Maschine Telemetriedaten zur Verfügung stellt. Der Vorteil für den Un­ternehmer liegt hierbei klar auf der Hand: Er erhält von seiner gesamten Flotte alle Daten auf einem Bildschirm und hat somit alle Fahrzeuge gleichermaßen im Blick. Auch die Anbaugeräte werden mittels Bluetooth TAGs nahtlos in unser System inte­griert. Sobald sich der TAG in Funkreichweite befindet, mel­det er sich automatisch beim GPSauge, somit werden bei­spielsweise die Positionsdaten oder die Betriebsstunden über­mittelt. Diese kleinen Bluetooth TAGs sind extrem robust und laufen mit einer Batteriefüllung mindestens 5 Jahre. In der Bau­branche kommt vorwiegend das zigarettenschachtelgroße GPSauge MI6 v.2 zum Einsatz. Der Datenabgriff erfolgt induk­tiv und der Einbau ist so einfach, dass ihn der Endkunde selbst durchführen kann. Auf unserer Homepage stehen hierfür zahl­reiche Videotutorials zur Ver­fügung, die den Einbau Schritt für Schritt bei unterschiedlichen Maschinen verschiedener Her­steller erklären.“

 

Branchenpreis für Trailer Innovationen

Der internationale Branchen­preis „Trailer Innovation 2019“ des Verlags Stünings Medien wurde am 21. September auf der IAA Nutzfahrzeuge verge­ben. Er zeichnet herausragende Ideen und Produktneuerungen aus dem Anhänger- und Auf­bautenbereich aus. VDA-Ge­schäftsführer Dr. Kurt-Christian Scheel überreichte die Preise in insgesamt sieben Kategori­en. In der Kategorie „Body“ ging der Preis an Goldhofer für eine Schwerlast-Hubvorrichtung. Die Firma Kässbohrer wurde für „das beste Chassis“ ausgezeichnet. Lamberet war mit einer iso­thermischen Schottwand für Kühl-Trailer im Bereich „Com­ponents“ siegreich. Das Unter­nehmen Krone gewann mit sei­nem „Smart Trailer Check“ den „Safety“-Award. Dabei wird der Fahrer bei der Überprüfung des Trailers digital unterstützt. Kögel gewann den Award als „bes­tes Concept“ für die neue Trai­ler-Generation „Novum“. Carrier Transicold bietet eine mit kom­primiertem Erdgas betriebene Kühleinheit an und siegte damit im Segment „Environment“. Das Unternehmen Schmitz Cargo­bull holte schließlich den Preis für das beste „Smart Trailer Sys­tem“. Einige Nutzfahrzeugher­steller präsentierten im Rahmen der IAA aber nicht nur zukunfts­orientierte Technologien, son­dern auch ihre Expansionsplä­ne.

 

Verdoppelung des Marktanteils

An den Produktionsstandorten Hanzing (Österreich), Zebrak (Tschechien) und Budapest (Un­garn) fertigt das österreichische Unternehmen Schwarzmüller jährlich mehr als 8.880 Nutzfahr­zeuge und erwirtschaftete 2017 damit einen Umsatz von rund 350 Millionen Euro. Mit einer neuen Vertriebsniederlassung in Deutschland soll der Aktions­radius des Unternehmens nun deutlich über Süddeutschland hinaus ausgedehnt werden. Ro­land Hartwig, CEO der Schwarz­müller Gruppe, im Rahmen der Pressekonferenz dazu: „Es ist mir ein äußerstes Vergnügen, Ihnen heute erstmals mitzutei­len zu können, dass wir unsere flächendeckende Präsenz in Deutschland mit eigenen Nie­derlassungen ausbauen wer­den, um unseren Marktanteil nochmals zu verdoppeln. Um das zu erreichen, werden wir am 1. Oktober zunächst eine eigene Niederlassung im fränkischen Eltmann eröffnen. Eltmann be­findet sich zwischen Bamberg und Schweinfurt direkt an der A70 und liegt damit optimal, um unsere Ballungszentren in Sachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu erreichen. Wir werden an diesem Stand­ort in Zukunft all unsere Ser­vice-Dienstleistungen anbieten, vom Ersatzteilverkauf über die Reparatur, bis hin zu Miet- und Gebrauchtfahrzeugen. Diese Services waren wir bisher nur in Österreich verfügbar. Darü­ber hinaus werden wir diesen Standort als Vertriebszentrum für Deutschland nutzen. Das Gelände hat mit 27.000 m² entsprechend Potential, um diese Dienstleitungen ange­messen abbilden zu können. Im nächsten Schritt werden wir uns dann auf unsere rele­vanten Ballungsräume in Nie­dersachsen, Nordrhein-Westfa­len und Hamburg fokussieren, um dort ebenfalls im weiteren Verlauf eine Niederlassung zu eröffnen.“ 2017 wurden 2.300 Schwarzmüller Fahrzeuge in Deutschland zugelassen, das ergab einen Marktanteil von 5,5 %. Der Auftragseingang lag 2017 in Deutschland mit 2.688 Fahrzeugen deutlich höher und ist in den ersten acht Monaten 2018 noch weiter gestiegen. Für das laufende Jahr plant man mit 2.800 Bestellungen aus Deutschland. Seit 2015 würde das ein Plus auf dem deutschen Markt von 59 % bedeuten (2015: 1.762/2018: 2.800). Die regiona­le Verteilung des Absatzes in Deutschland untermauert nach Ansicht Hartwigs die Wachs­tumsziele ebenso: Mehr als 90 % der Fahrzeuge gehen aktuell nach Bayern, Baden-Württem­berg und Hessen. Breite Land­striche, darunter die größten Ballungsräume Deutschlands, seien bisher ein nahezu weißer Fleck. „Das berechtigt uns zur Annahme, dass wir in Deutsch­land einen zweistelligen Markt­anteil erreichen können. Da wollen wir hin“, so Hartwig.

 

Achsen für jeden Einsatzzweck

Die Gigant – Trenkamp & Geh­le GmbH ist ein mittelständi­sches Familienunternehmen, das 1953 im niedersächsischen Mühlen i.O. mit der Produktion von Federaggregaten begann. Achsen mit Achslasten von 5,5 t bis hin zu Schwerlastach­sen für den extremen Einsatz im Tieflader- und Schwertrans­port-Bereich. Diese Achsen sind aufgrund ihrer robusten Kon­struktion und Bauart auch für den schwersten Einsatz bestens geeignet.

„Auch die Messeteilnahme der IAA Nutzfahrzeuge im Jahr 2018 war sehr erfolgreich für uns“, be­stätigt Markus Gehle, Geschäfts­führer bei Gigant – Trenkamp & Gehle GmbH die Aussagen der Messegesellschaft. „Die Stim­mung auf unserem Messestand war genauso gut, wie ihn der Trend der Branche zeigt.“ Nach der Produktionserweiterung am Standort in Dinklage (Nieder­sachsen) steigen die Produkti­onszahlen des Achsherstellers weiter an. Im vergangenen Ge­schäftsjahr 2017/18 wurden die geplanten Zahlen übertroffen. Nicht nur der Standard-Ach­sen-Bereich rund um die Kro­ne Trailer Achse nimmt weiter Fahrt auf – nein, auch die Zah­len im Schwerlastbereich stim­men. „Um diesen Trend weiter gerecht zu werden, haben wir uns dem Thema der Lenkschen­kellagerung bei Nachlauflenk-achsen angenommen und ein völlig neues Lenkschenkelsys­tem entwickelt. (Lesen Sie dazu den Bericht auf Seite 104) Als ein besonderes Highlight prä­sentierten wir eine 17,5“ schei­bengebremste Pendelachse für 7,0-t-Achslast, die so kompakt ist wie die heutigen trommel­gebremsten Pendelachsen. Dank einer platzsparenden Kraftübertragungseinheit kann der Bremszylinder frei im Rah­men platziert werden. Dieses wird durch die zwei kompak­ten Nehmerzylinder und einen freiplatzierbaren Geberzylinder dargestellt, was eine Spur von nur 518 mm möglich macht“, erklärt Gehle weiter. Außerdem neu ist die Achs­generation „K3“ mit einem verbesserten und leichteren Luftfederaggregat. Der neue Luftfederlenker FB100 und der neue Luftfederbalg mit Kom­bikolbenbodenplatte sind für unterschiedliche Balgpositi­onen konzipiert worden und ermöglichen somit L2-Maße.

Aus der ehemaligen Schmiede hat sich ein erfolgreiches Indus­trieunternehmen entwickelt, das jetzt seit über 65 Jahren er­folgreich im Nutzfahrzeugmarkt agiert. Das vielfältige Produkt­programm reicht von leichten von 380 und 405 mm. Der ABS Sensor und das dazugehörige Polrad wurden an neuer Stel­le hinter der Radnabe verbaut und können nun leicht ohne Spezialwerkzeug nachgerüstet werden. Der ABS Sensor wird ohne zusätzliches Bauteil im Bremsträger integriert und ist leicht erreichbar. Mit der neu­en S-Nockenwellensicherung lässt sich im Bedarfsfall der automatische Gestängesteller einfach de- bzw. montieren, was die Servicefreundlichkeit auch in diesem Punkt erhöht. Darüber hinaus werden mo­difizierte Radbolzen mit der entsprechend angepassten Bremstrommel eingesetzt. Mit dieser Änderung soll verhindert werden, dass Zentrierringe bei unsachgemäßer Montage in die Bremstrommel gedrückt wer­den. Bei Gigant ist ein Bremsen­wechsel immer ohne Demon­tage des Radlagers möglich. Die bewährte „PROTEC“-Brem­se gewährleistet zudem ei­nen schnellen und einfachen Bremsbelagwechsel ohne Spe­zialwerkzeug. Gigant legt also viel Wert auf Service- und Kun­denfreundlichkeit. Dennoch hat sich an der bewährten Qua­lität nichts verändert. „Wenig Schmieren, kein Nachstellen.“ – so kommt beispielsweise bei der Radlagerung ein völlig war­tungsfreies Kompaktlager zum Einsatz. Das spart Zeit, Aufwand und Geld und sorgt für zuverläs­sige Verfügbarkeit – jederzeit.

 

Fazit zur IAA Nutzfahrzeuge 2018

Die Zahlen sprechen für sich: mehr Aussteller, mehr Besucher und sehr viel mehr Weltpremie­ren als je zuvor. Die IAA Nutz­fahrzeuge war ein Erfolg. Im persönlichen Gespräch zeigten sich auch die meisten Aussteller zufrieden. Das Motto der Mes­se „Driving tomorrow“ wurde gut umgesetzt und zog sich wie ein roter Faden quer durch alle Hallen. Ob die präsentier­ten Technologien allerdings zukunftsfähig sind, das werden wir frühestens auf der nächsten IAA Nfz vom 24. September bis zum 1. Oktober 2020 erahnen können.

 

Text: Gloria Schaffarczyk und Peter Hebbeker

Bilder: MZ Mediaverlag, Kässbohrer, Messe Hannover, GPSoverIP

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