Mut zur Größe

Ainring. Steil strebt die Wachstumskurve Richtung Renditehimmel, nie in der 86-jährigen Firmenhistorie ging es so rasant bergauf. Ein Ende der Expansion ist nicht in Sicht, mit enormer Power und Pas­sion entwickelt die Palfinger AG ihre Unternehmungen und Pro­dukte. Mit über 10.000 Beschäftigten weltweit und 1,357 Milliar­den Euro Umsatz in 2016 ist die Gesellschaft weit über den Status Mittelstand hinausgewachsen. Ausruhen auf Erreichtem ist jedoch keine Option für die auf allen Kontinenten äußerst erfolgreichen Maschinenbauer. Wir besuchten die deutsche Palfinger GmbH im bayerischen Ainring und besichtigten die Palfinger World sowie das Kranwerk im österreichischen Lengau bei Salzburg. Und wir spürten ihn, den besonderen Palfinger Spirit.

 

„Es ist ein gutes Gefühl, bei Palfinger zu sein“, hörten wir immer wieder. Leidenschaft für ihren Job und Stolz auf ihre starke Marke treiben Mitarbeiter und Geschäftsführung gleichermaßen an. Das große persönliche Engagement merkt jeder Besucher sofort. Hinzu kommt eine herzliche Gastlichkeit, frei von professioneller Distanz und Beliebigkeit. Trotz hoher Wettbewerbsorientierung und Mil­liardenumsätzen stehen die Menschen im Zentrum des Schaffens und Planens bei Palfinger. Es zählt jeder einzelne Kunde mit seinen Wünschen und Bedürfnissen. So realisiert beispielsweise ein eigens eingerichtetes „Tuning-Center“ im Werk Lengau die ausgefallens­ten Sonderanfertigungen für Spezialeinsätze. Aber auch im Bereich Dienstleistung untermauert Palfinger stets aufs Neue den Anspruch auf die Spitzenposition und entwickelt innovative, kundenspezifi­sche Serviceprodukte. Über das Streben nach Größe sowie die Liebe zum Detail, und wie sich beides verträgt, sprachen wir mit Thomas Moucka, Senior Vice President EMEA Sales and Service.

 

Starkes Wachstum erfordert auch Anpassungen der Organisations­struktur. Welche Weichen hat Palfinger für die Zukunft gestellt?

Thomas Moucka: Palfinger hat sich tiefgreifend neu strukturiert. Wir trennen nun zwischen der Land- und Marine-Sparte. Zudem werden die Aktivitäten in den einzelnen Areas Asien, CIS, EMEA sowie Nord-und Südamerika konsequent aufeinander abgestimmt. Jeder dieser Märkte hat seine speziellen An­forderungen. Das Kunststück besteht darin, diese Wünsche exakt zu kennen und zu befrie­digen. Es ist durchaus nicht so, dass sich der gleiche Kran in je­dem Land dieser Welt gleicher­maßen gut verkaufen lässt. In den Anfangsjahren unserer In­ternationalisierung mussten wir das teils schmerzlich erfahren. Wir fragten daraufhin unsere Kunden und Händler in den be­treffenden Ländern: ‚Was genau wollt Ihr mit der Maschine ma­chen und was braucht Ihr da­für?‘ So lernten wir viel über die unterschiedlichen Märkte. Heu­te können wir maßgeschnei­derte Lösungen für die jeweilige Region liefern. Um das leisten zu können, haben wir regionale Produktions- und Montagekonzepte entwickelt. Das waren wichtige Schritte. Damit sind wir nun inter­national äußerst erfolgreich, besonders was die Kransparte betrifft.

 

Ein bedeutender Teil des Wachstums erfolgte durch Zukäufe. Wie gelingt es, diese zunächst fremden Organisationen zu integrieren, sie zu einem Teil der Palfinger World zu machen?

Thomas Moucka: In den letzten Jahren habe ich eine Menge Fir­menakquisitionen gesehen und begleitet. Es ist eine permanente Herausforderung für uns, neue Standorte und Mitarbeiter zu integ­rieren. Wir müssen einander kennenlernen und wir müssen unsere Palfinger Unternehmenskultur vorleben, um ein Beispiel zu geben. Bereits im Vorfeld eines Firmenaufkaufs bereiten wir gezielt ausge­wählte Palfinger Mitarbeiter darauf vor, das bestehende Manage­ment in der Übergangsphase zu begleiten und zu unterstützen. Es dauert einfach seine Zeit, bis neue Mitarbeiter die komplexen Struk­turen unseres Konzerns verinnerlicht haben. Die enge Vernetzung der einzelnen Unternehmensteile und Ansprechpartner untereinan­der ist immens wichtig. Für diesen Prozess des Zusammenwachsens gibt es kein Standardprozedere, das wir auf jeden Fall anwenden. Wir finden stets individuelle Lösungen. Einem kleinen Hersteller ei­nes Nischenprodukts können wir beispielsweise nicht unsere Kon­zernrichtlinien auferlegen. Er würde durch die Bürokratie schlicht erdrückt und handlungsunfähig werden. In solchen Fällen schaffen wir dann kleine flexible Einheiten, die sich schnell auf die Marktbe­dingungen einstellen können.

 

Einzig auf Wachstum durch Zukauf zu setzen wäre sicher kein nach­haltiges Erfolgskonzept. Was unternimmt die Firma Palfinger für ihr organisches Wachstum?

Thomas Moucka: An erster Stelle steht ganz klar unsere unbedingte Kundenorientierung. Der Kunde braucht einen Partner, auf den er sich absolut verlassen kann. Das gilt sowohl für die Beratung beim Kauf als auch später beim Service. Was die Kundennähe angeht, sind wir absolute Spitze. In Deutschland etwa sind es nur immer circa 30 Kilometer zum nächsten Palfinger Partner. Dieses dichte Service­netz mit hochqualifizierten Partnerunternehmen ermöglicht es uns, jedem Kunden binnen kürzester Zeit die nötige Unterstützung zu geben. Dank unseres erstklassigen Services und wegen der äußerst hohen Qualitätsstandards, die wir uns für jeden Produktionsschritt auferlegen, sind die Lifecyclekosten unserer Maschinen die niedrigs­ten am Markt. Wir sind Weltmeister in diesem entscheidenden Punkt. Sehr kennzeichnend für Palfinger ist aber auch ein tief verwurzelter Innovationstrieb. Er treibt uns an, laufend Neues zu entwickeln und Bestehendes zu verbessern. Noch das kleinste Detail ist von größter Bedeutung. Nur wenn wirklich alle Teile die bestmögliche Qualität haben, können wir auch die bestmöglichen Maschinen bauen. Und genau das ist unser Ziel, das wir mit größter Konsequenz verfolgen. Den Stahlbau möchte ich hier besonders herausstellen. Für Palfin­ger als Nutzlastweltmeister ist es von zentraler Bedeutung, in die­sem Bereich führend zu sein. So leicht und gleichzeitig stabil wie wir baut keiner. Darauf verwenden wir viel Forschungsaufwand und set­zen auf modernste Technologien, die wir teilweise mit entwickeln. Bestes Beispiel ist das Laser-Hybrid-Schweißen, das entscheidend ist, um unseren Auslegerprofilen ihre einmalige Stabilität zu geben. Sehr wichtig finde ich zudem unseren Teamzusammenhalt, den wir intensiv pflegen. Natürlich haben wir beim Personal Zu- und Abgän­ge, aber die Leistungsträger bleiben bei Palfinger und sind unter­einander eng verbunden. Das ist eine verlässliche Basis. Ein starkes Team hilft uns, stabil zu bleiben, besonders auch in Zeiten großen Wachstums und Wandels.

 

Palfinger als weltweit tätiger Konzern auf der einen Seite und der einzelne ortsansässige Bauunternehmer auf der anderen Seite – wie werden aus diesen ungleichen Parteien Partner?

Thomas Moucka: Wir leisten das tagtäglich durch eine Service- und Vertriebsorganisation, die ihresgleichen sucht. Den Kontakt zum Kunden hält unser Partner vor Ort. Er kennt seine Kunden meist schon viele Jahre oder gar über Generationen und weiß genau, was sie brauchen und wie er sie in ihrem anstrengenden Alltagsgeschäft unterstützen kann. Unsere Partner sind für ihre Kunden immer an­sprechbar, notfalls auch außerhalb der Geschäftszeiten. Die Service-und Vertriebspartner sind äußerst wichtige und starke Stützen in der Struktur von Palfinger.

 

Sie betonen die Bedeutung eines exzellenten Services für Palfinger. Gibt es in diesem Bereich Neuheiten?

Thomas Moucka: Wir sehen, dass sich unsere Kunden verändern. Den Unternehmer aus der Pionierzeit, der am Wochenende die Är­mel hochkrempelt und selbst auf den Kran steigt, um ihn zu schmie­ren oder zu reparieren, gibt es nicht mehr oder kaum noch. Die junge Generation sagt uns: ‚Meine Krane müssen laufen und Geld verdienen. Um Wartung und Reparatur will ich mich nicht kümmern. Macht Ihr das für mich.‘ Wir haben zugehört und exakt für diese An­sprüche bieten wir nun Wartungs- und Serviceverträge an. Der Leis­tungsumfang reicht von den routinemäßigen Überprüfungen mit Wartungsarbeiten bis hin zu Komplettpaketen, die alle Kosten für Wartung und Reparatur abdecken. Im Rahmen einer Vollkasko kön­nen sogar Unfälle mitversichert werden. Immer gilt, dass der Kunde pro Monat einen Fixbetrag zahlt, mit dem die vereinbarten Leistun­gen abgegolten sind, egal welche Arbeiten und Kosten tatsächlich anfallen. Wir bieten das nicht nur für Einzelmaschinen an, sondern ebenfalls für ganze Maschinenparks, beispielsweise für Vermieter. Der Unternehmer kann dann mit einem festen Betrag kalkulieren. Das Kostenrisiko tragen wir.

 

Gibt es auch bei der Produktentwicklung Neuheiten?

Thomas Moucka: Der Ausbau der Telematiksysteme wird ein gro­ßes Thema für die nähere Zukunft sein. Ziel ist, dass die Maschinen sich selbst überwachen und direkt mit dem Service kommunizieren. Unsere Techniker wissen dann genau, was zu tun ist, noch bevor sie die Maschine gesehen haben. Viele einfache Fehler könnten sogar vom Maschinenführer selbst schnell behoben werden, wenn er die Instruktionen dazu beispielsweise auf sein Smartphone bekommt. Aber auch mobile Servicedienstleistungen werden durch Telema­tik attraktiv. Die Geräte können vor Ort repariert werden, wenn der Techniker durch das Fehlerdiagnosesystem vorher weiß, welche Tei­le und Werkzeuge er braucht. Dadurch lässt sich viel Zeit und Geld sparen. Neben der Telematik werden wir uns auch im Bereich der al­ternativen Antriebe engagieren. Bereits für 2018 werden wir Geräte anbieten, die sich auf der Baustelle auch mit Strom betreiben lassen.

 

Bleiben wir bei den Produkten. Wo liegt hier die Priorität? In welchem Punkt ist Palfinger absolut spitze?

Thomas Moucka: Ganz klar führend sind wir beim geringen Eigen­gewicht. Der Kunde profitiert davon durch eine maximale Nutzlast. Neben dem klassischen Maschinenbau gewinnen jedoch die elek­tronischen Komponenten eine immer größere Bedeutung. Stich­wort: Digitalisierung. Zum Beispiel in Form von intelligenten Sicher­heitseinrichtungen. Was wir hier verbauen, funktioniert garantiert zu 100 %. Bei uns gibt es keine Experimente mit unausgereifter Technik. Jede Maschine wird vor der Auslieferung zudem umfassend geprüft.

 


Thomas Moucka

Mit 47 Jahren gilt der ausgebildete Maschinenbauer bereits als Urgestein bei Palfinger. 1990 startete er im Kundendienst der Pal­finger Deutschland GmbH. 1992 übernahm er die Leitung dieser Sparte und war verantwortlich für den Aufbau der Servicepartner in Deutschland. 1995–1998 verantwortete er den Einkauf für Palfin­ger Deutschland. 1998 wechselte er zu Weinmann Nutzfahrzeuge, einem damals kriselnden Partnerunternehmen von Palfinger, und leistete Aufbauarbeit. Am 1. Januar 2004 wurde Moucka zum Geschäftsführer der Palfinger Deutschland GmbH berufen und startete mit circa 50 Millionen Euro Jahresumsatz. 2017 waren es rund 150 Millionen. Nach dem Grund für dieses außerordentliche Wachstum gefragt, antwortete Moucka mit nur einem Satz: „Ich habe das beste Team der Welt.“ Seit 1. Janu­ar 2018 ist der erfolgreiche Teamplayer Senior Vice President EMEA Sales and Service.


 

 

Text und Bilder: Manfred Zwick und Peter Hebbeker

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