Ist „zero emission“ die Zukunft?

München. Mehr Elektro gleich weniger Emissionen – zumindest lokal betrachtet geht diese einfache Formel auf. Wacker Neuson erkannte frühzeitig den Bedarf an emissionsfreien Maschinen für Arbeiten in Innenräumen und zunehmend auch in Innenstädten. Heute trumpfen die Münchner auf mit einer breiten „zero emis­sion“ Maschinenpalette, die sich nach Herstelleraussagen einer rasch wachsenden Nachfrage erfreut. Eine rein elektrische Zukunft scheint für Baumaschinen jedoch utopisch, wie uns Alexander Greschner, CSO Wacker Neuson SE, sagte. Er offenbart im Gespräch mit Peter Hebbeker aus der Treffpunkt.Bau-Redaktion, welchen Stellenwert die „zero emission“ Serie im Unternehmen einnimmt und welches Potential für die Zukunft in dieser Technologie steckt.

 

Wacker Neuson bietet eine breite Palette elektrisch angetriebener Baumaschinen und -geräte an. Wann wurde die erste elektrische Baumaschine serienreif und wie viele Typen gibt es heute?

Alexander Greschner: Die ersten ‚zero emission‘ Maschinen waren der 803 dual power Minibagger 2014 und die Akkustampfer 2015. Mittlerweile hat Wacker Neuson eine ganze Linie emissionsfreier, leiser Maschinen im Angebot: Zum 803 dual power und den Ak­kustampfern AS30e und AS50e kamen die elektrischen Radlader WL20e von Wacker Neuson und 5055e von Kramer, der Kettendum­per DT10e, die Akku-Platte 1850e und ab 2019 der vollelektrische Zero Tail Minibagger EZ17e sowie der Raddumper DW15e – und wir bauen die Palette stetig weiter aus.

 

Wieso setzte Wacker Neuson frühzeitig auf Elektro und wie wird sich dieser Bereich entwickeln?

Alexander Greschner: In Innenräumen oder bei Verdichtungs­arbeiten in Gräben waren unsere Kunden bei der Arbeit hohen Emissionen ausgesetzt. Wir wollten die Anwender unserer Produk­te davor bewahren und entwickelten emissionsfreie Alternativen. Schnell stieg die Nachfrage – auch nach weiteren Produkten in diesem Segment, und das Thema ‚zero emission‘ entwickelte sich rasant weiter. Wir sehen mittlerweile neben dem Schutz des An­wenders vor allem auch den Bedarf bei innerstädtischen Baustel­len zur Reduktion der Abgasemissionen – ein Thema, das aktueller nicht sein könnte. Ein weiterer großer Vorteil der ‚zero emission‘ Produkte sind die geringen Lärmemissionen. Gerade in lärmsen­siblen Umgebungen wie im Innenraum, in der Nähe von Schulen oder Kindergärten ein nicht zu unterschätzendes Thema. Natürlich verkaufen wir auch heute noch den Großteil unserer Produkte mit Verbrennungsmotoren. Dennoch sehen wir eine massiv steigende Nachfrage aus vielen Ländern. Ganz vorn dabei sind die nordischen Länder, Benelux und die DACH-Region. Aber auch die großen Ver­mietketten aus Frankreich und UK zählen in diesem Produktseg­ment zu unseren Kunden, die neben der Emissionsfreiheit vor allem die Wartungsfreiheit der Antriebe sehr schätzen.

 

Ist der E-Boom typisch deutsch oder wächst auch in anderen Ländern die Nachfrage?

Alexander Greschner: Nicht typisch deutsch, eher typisch EU. Skandinavien und Benelux sind sicher Vorreiter, dicht gefolgt von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Aber auch aus anderen europäischen Ländern wie Italien, Tschechien, Frankreich oder UK bekommen wir verstärkt Nachfragen. Hier spielt uns die Luftrein­halteverordnung der EU auch in die Karten, die die Grenzwerte von Abgasemissionen in innerstädtischen Bereichen reglementiert. Und genau für klassische Infrastrukturbaustellen in der Stadt sind unsere ‚zero emission‘ Produkte entwickelt. Aber auch außerhalb Europas steigt die Nachfrage. In Nordamerika haben wir einige Pro­dukte zur Conexpo im März vergangenen Jahres vorgestellt und auch hier eine stark wachsende Nachfrage. China verfügt mittler­weile über die größten Anteile im Bereich elektrischer Automobile und ist damit auch ein bedeutender Markt für unsere ‚zero emissi­on‘ Produkte.

 

Wie groß ist der Anteil der elektrischen Geräte in den verschiedenen Segmenten?

Alexander Greschner: Der Großteil der Produkte wird immer noch mit Verbrennungsmotoren ausgestattet und das wird auch erst mal so bleiben. Unsere konventionellen dieselbetriebenen Baumaschi­nen stoßen mittlerweile sogar weniger CO2 aus als ein Pkw und sind daher bereits deutlich umweltschonender, als viele ahnen. Elektrische Antriebe sind heute noch nicht für alle Anforderungen geeignet, was an verschiedenen Faktoren liegt. Aber beispielsweise für innerstädtische Baustellen eignen sich elektrische Baumaschi­nen im Bereich der Infrastruktur-Instandhaltung ganz hervorra­gend.

 

Gibt es signifikante Unterschiede zwischen handgeführten Geräten und den Baggern/Ladern/Dumpern der „zero emission“ Serie?

Alexander Greschner: Absolut! Unsere handgeführten Geräte sind komplett elektrifiziert, das heißt neben den Antrieben ist bei­spielsweise bei unseren Verdichtungsplatten die gesamte Vibrati­onsfunktion elektrisch gelöst und damit komplett wartungsfrei. Bei handgeführten Baugeräten ist zudem das Gewicht von höchster Bedeutung, da sie vom Bediener geführt werden müssen. Deshalb ist das Gewicht des Akkus besonders kritisch. Am Markt konnten wir keinen geeigneten Akku für unsere Stampfer und Platten finden, weshalb wir diesen gemeinsam mit einem Bestücker für die Zellen selbst entwickelt haben. Das gesamte Batterie-Management-Sys­tem kommt aus dem Hause Wacker Neuson. Heute können mehr als vier Produkte mit dem gleichen Akku betrieben werden – ein Vorteil, den viele Kunden sehr schätzen. Bei Bagger/Lader/Dumper, also unseren Kompaktmaschinen, ist das Gewicht des Akkus wie­derum vorteilhaft, da es als Kontergewicht dient und somit für eine höhere Nutzlast bzw. Grabkraft und Standfestigkeit sorgt.

 

Was ist das beste Argument für Elektro und welche Rahmen-bedingung ist ein schlagendes Argument dagegen?

Alexander Greschner: Elektrische Maschinen sind deutlich leiser und komplett emissionsfrei, was Bediener und Umwelt zugute­kommt. Zudem sind die Elektromotoren wartungsfrei, die Produkte sind sehr einfach in der Handhabung (beispielsweise per Knopf­druck zu starten) und haben einen sehr hohen Wirkungsgrad. Ein Argument dagegen könnte die schwierige Stromversorgung auf der Baustelle sein, was bisher von unseren Kunden nicht als Hinder­nis empfunden wurde. Alle Produkte halten mit einer Akkuladung einen durchschnittlichen Arbeitstag und können bequem von je­der Haushaltssteckdose aus geladen werden.

 

Kann Wacker Neuson aus dem Erfahrungsvorsprung in Sachen E-Antrieb Produktvorteile generieren?

Alexander Greschner: Definitiv. Da es nicht gerade trivial ist, einen Verbrennungs- durch einen Elektromotor zu ersetzen und diesen einzubauen, können wir das schon behaupten, da wir uns bereits seit Jahren mit dem Thema beschäftigen. Auch die Hydraulik einer ‚zero emission‘ Baumaschine muss angepasst werden und ein­wandfrei funktionieren, das braucht Erfahrung. Bei den Stampfern und Vibrationsplatten ist es noch komplexer, eine ‚zero emission‘ Alternative zu entwickeln. Unser Vorteil ist, dass wir hier schon früh mit der Entwicklung begonnen haben und eine intelligente Lö­sung anbieten können.

 

Wie nimmt Wacker Neuson Unternehmern die Sorge vor der Energiekrise auf der Baustelle?

Alexander Greschner: Voraussetzung für die Markteinführung einer batteriebetriebenen Maschine ist für uns, dass diese mindes­tens einen Arbeitstag lang eingesetzt werden kann. Für Stampfer und Platte beispielsweise kann man mit einem zweiten Akku oder unserem Schnellladegerät arbeiten, wenn man einen besonders intensiven Einsatz der Maschinen plant. Natürlich muss sich der Bediener am Anfang umstellen und sich an das Laden gewöhnen. Das geht unserer Erfahrung nach aber sehr schnell und die Kun­den, die sich daran gewöhnt haben, wollen nicht mehr zurücktauschen.

 

Ist die Zukunft der Baumaschinen elektrisch?

Alexander Greschner: Der Trend geht sicherlich in diese Richtung, jedoch glauben wir nicht, dass in mittelfristiger Zukunft alle Pro­dukte komplett elektrisch sein werden. Da die Dieselmotoren heute bereits mehr als 95 % weniger Emissionen ausstoßen als noch vor 20 Jahren, ist die Entwicklung auch bei den konventionellen Bau­maschinen beachtlich. So haben auch diese Maschinen in Zukunft ihre Daseinsberechtigung – wir gehen also von einer Mischform aus. Elektrische Maschinen werden ihren Platz gerade in Städten und bei klassischen Indoor-Anwendungen finden, wie Abbruch-, Tunnel- oder Renovierungsarbeiten.

 

Was können die Politik oder andere Institutionen unternehmen, um den Elektro-Antrieb zu fördern?

Alexander Greschner: Städte und Kommunen können Elekt­ro-Maschinen in ihren Ausschreibungen stärker berücksichtigen. Es gibt hier auch schon diverse Initiativen, in denen Behörden nicht mehr nur auf den CO2-Abdruck des Nahverkehrs achten, sondern auch auf die Baustellen in ihren Städten, die einen hohen Anteil an den Gesamtemissionen haben. Dass es Lösungen gibt, muss noch bekannter gemacht werden, wenngleich für uns klar ist, dass nicht jede Baustelle mit unseren Produkten betrieben werden kann.

 

Ein Ausblick auf die kommenden Messen GaLaBau, Nordbau und natürlich Bauma – was wird es Neues geben von Wacker Neuson?

Alexander Greschner: Wir werden die ‚zero emission‘ Serie wei­ter ausbauen und neue Produkte vorstellen. Auf der GaLaBau und Nordbau werden beispielsweise der vollelektrische Minibagger EZ17e und der Raddumper DW15e ausgestellt, die beide ab 2019 verfügbar sein werden. Bis zur Bauma kommen weitere elektrische Produkte hinzu.

 

 

Text und Bilder: Peter Hebbeker, Wacker Neuson

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