Digitalisierung bleibt Wachstumstreiber

Die Stihl-Gruppe erwirtschaftete im vergangenen Jahr erneut einen Rekordumsatz. Im aktuellen Geschäftsjahr ist das Unter­nehmen wiederum gut im Rennen. Dazu trägt die Absatzentwick­lung von benzinbetriebenen Geräten und Akku-Produkten für Privatanwender bei. Darüber und über die Entwicklung auf den einzelnen Märkten informierte Norbert Pick, Vorstand Marketing und Vertrieb, die Zeitschrift Treffpunkt.Bau. Das Interview führte Rainer Oschütz.

 

Herr Pick, Stihl meldete kürzlich für das vergangene Geschäftsjahr erneut Rekordzahlen. Salopp gefragt, wohin soll die Reise noch ge­hen?

Norbert Pick: Lassen Sie mich auch salopp antworten: Traditio­nell geht die Reise von Stihl immer weiter nach oben. 2017 war in dieser Hinsicht ein ziemliches Ausnahmejahr. Der Umsatz der Stihl Unternehmensgruppe stieg sogar um 9,7 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Außerdem verzeichneten wir ein Absatzplus von 15 Prozent gegenüber dem vorvergangenen Jahr. Wir sind besonders darüber glücklich, dass wir mit den benzinbetriebenen Geräten deutliche Absatzsteigerungen erzielen konnten, obwohl alle Welt sagt, Benzin gehe zurück zugunsten von Akku. Besonders erfreulich ist, dass wir auch im Geschäftsfeld Akku überdurchschnittlich stark gewachsen sind. Dazu haben nicht zuletzt zwei neue Geräte-Baureihen im Ein­stiegssegment für Privatkunden beigetragen, die sich bereits welt­weit großer Beliebtheit erfreuen und vor allem in den USA und in Westeuropa einen Nachfrageschub ausgelöst haben. Es zeigt sich, dass sich unsere Strategie als richtig erweist, trotz inzwischen leis­tungsstarker Akku-Technologie im Bereich unserer traditionellen Benzinprodukte nicht nachzulassen, sondern in allen Bereichen kontinuierlich neue Geräte auf den Markt zu bringen. Wie im Seg­ment der Benzingeräte bieten wir im Akku-Bereich eine breite Pro­dukt-Palette für Privatkunden und Profis an. Gerade das Angebot für Profis haben wir stark erweitert. Gegenwärtig bietet Stihl nahezu 40 Anwendungen im AkkuSystem PRO an. Diese Produktpalette wird natürlich künftig noch ausgeweitet, um in diesem Segment auch weiterhin führend zu sein. Auch das ist einer der wesentlichen Er­folgsfaktoren aus dem Jahre 2017.

 

Ihr Unternehmen ist weltweit auf dem Vormarsch. Wie schätzen Sie die einzelnen Märkte ein?

Norbert Pick: Stihl hat in allen Regionen weltweit deutlich Marktan­teile gewinnen können. Das gilt besonders für unseren wichtigsten Markt Nordamerika. Gerade in den USA – dort befindet sich unsere größte Fertigungsstätte – konnten wir auch im Akku-Bereich kräf­tig zulegen. Der Markt dort wächst für handgetragene Produkte im Privatkundenbereich sehr schnell. Über Jahrzehnte ist es uns gelun­gen, unsere Marktanteile stetig zu erhöhen. Grund dafür ist, dass Stihl Produkte anbietet, die spezielle Kundenwünsche erfüllen, eben exakt so wie sie in den USA gebraucht werden. Dort sind wir sowohl mit benzingetriebenen Geräten als auch mit unserer gesamten Ak­ku-Palette auf dem Markt. Das kommt gut an. Ein weiterer wichtiger Markt ist Südamerika. Auch in dieser Region war Stihl 2017 dynamisch unterwegs – etwas schwieriger ist die Si­tuation in Brasilien. Das lateinamerikanische Land leidet seit einigen Jahren unter einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise, was sich auch auf unsere Absätze auswirkt. Bei allen Schwierigkeiten habe ich jedoch jetzt den Eindruck gewonnen, dass die Wirtschaft dort die Talsohle durchschritten hat. Diese Tendenz bestätigt sich in den ersten Monaten 2018, indem Stihl wieder höhere Zuwachsraten in dem großen Land Brasilien verzeichnen konnte.

 

Gehen wir auf der „Stihl-Weltreise“ nach West- und Osteuropa. Wie ist dort die Lage?

Norbert Pick: In dieser Region verzeichneten wir im vergangenen Jahr ebenfalls ein starkes Wachstum. Ein Grund für diesen Erfolg, das muss man der Ehrlichkeit halber sagen, war auch ein bisschen die günstige Wetterlage im vergangenen Jahr. Sie hat dazu geführt, dass gerade für die Grünpflege die Nachfrage nach Stihl-Technik sehr groß war. Hinzu kommt, dass Westeuropa – ähnlich wie die USA – ein stark wachsender Markt für Akku-Produkte ist.

Osteuropa hat sich ebenfalls positiv entwickelt. Dort sind wir über­all auf Wachstumskurs, insbesondere in Russland. In diesem großen Land, das seit 2015 eine Wirtschaftskrise durchlebt hat, scheint die Talsohle ebenfalls durchschritten zu sein. 2017 verzeichneten wir dort wieder deutliche Wachstumsraten. Ausgezahlt hat sich auch unsere ständige Präsenz mit einem großen Händlernetz vor Ort, das wir auch während der Krise in Russland gefördert haben. Die positive Entwicklung setzt sich 2018 fort, genauso wie in Asien. Asien insgesamt ist für Stihl eine Weltregion von großer Wichtigkeit. Natürlich ist China in dieser Region ein sehr wichtiger Markt mit gro­ßem Potenzial, genauso wie Indien. In beiden Ländern verzeichnet Stihl ein starkes Wachstum.

 

Welche Erwartungen hat Stihl für dieses Jahr?

Norbert Pick: Im bisherigen Verlauf des Jahres 2018 waren die Wit­terungsbedingungen nicht so günstig wie im vergangenen Jahr. Das Frühjahr in Europa hat sehr spät begonnen. Der April war weni­ger gut für Gartenarbeiten geeignet. In einigen Regionen lag zu die­sem Zeitpunkt sogar noch Schnee. Auch in Nordamerika herrschte im April teilweise noch Winter. Gegenwärtig haben wir mit Trocken­heit zu kämpfen. Wir sind aber weiterhin im „Power-Modus“.

 

Seit Anfang des Jahres laufen Akku-Rasenmäher von Viking unter der Weltmarke Stihl. Wie ist dieser „Farbenwechsel“ bei den Kunden angekommen?

Norbert Pick: Die Entscheidung, die Produkte der Marke Viking ab 2019 unter der Marke Stihl zu verkaufen, wurde von den Fachhänd­lern durchweg positiv aufgenommen. Es gab ja seit langem immer wieder Nachfragen, wann dieser Schritt erfolgt. Zum Viking-Sorti­ ment gehören Rasentraktoren, handgeführte Rasenmäher, Roboter­mäher, Motorhacken und Gartenhäcksler. Der Markenwechsel kann über eine so breite Produktpalette natürlich nicht mit einem „big bang“ erfolgen, sondern das geht nur Schritt für Schritt. So werden schon seit Anfang dieses Jahres alle Akku-Rasenmäher unter der Marke Stihl verkauft. Die Verkaufszahlen in diesem Segment zeigen, wohin der Weg geht: Es gibt nämlich deutliche Absatzsteigerungen. Das ist kein Wunder. Im Gegensatz zur weltweit vertretenen Marke Stihl hat sich Viking auf den europäischen Markt beschränkt. Ich bin sicher, dass der Markenwechsel dem Sortiment mittelfristig eine äu­ßerst positive Vertriebsperspektive auch außerhalb Europas eröffnet, denn schließlich ist Stihl heute in über 160 Ländern vertreten. Einen ersten Schritt in Richtung Markenwechsel haben wir übrigens bereits im Jahr 2008 vollzogen. Bis dahin gehörten auch verschie­dene handgetragene Elektroprodukte zum Sortiment der Marke Vi-king, die seither unter der Marke Stihl vertrieben werden. Die Folge war damals ein deutliches Absatzplus bei diesen Produktgruppen. Der „Farbenwechsel“, wie Sie es nennen, hat im Viking-Werk im ös­terreichischen Langkampfen keine negativen Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze. Im Gegenteil: Bei weiterem Wachstum und damit verbundener Produktionssteigerung wird der Standort, der seit kurzem unter Stihl Tirol firmiert, weiter ausgebaut werden.

 

Die Akkutechnologie ist in aller Munde. Was gibt es Neues bei der Entwicklung von Benzinmotorsägen – ein Kernprodukt aus Ihrem Haus?

Norbert Pick: Es gibt bei Stihl – wie ich bereits erläutert habe – keinen Stillstand in der Entwicklung der Produkte. Bei uns geht es immer vorwärts, und das trifft natürlich auch auf die Motorsägen zu, und zwar über alle Antriebsarten, also Benzin, Elektro und Akku. Auch im Akku-Segment ist Stihl in der Lage, Produkte für professio­nelle Ansprüche anzubieten. Damit haben wir eine Alternative für Kunden geschaffen, die beispielsweise in lärmsensiblen Bereichen arbeiten müssen. Allerdings sehen wir künftig insgesamt im Profi­bereich, in erster Linie in der Forstwirtschaft, noch eine sehr lange Vorherrschaft der benzinbetriebenen Motorsägen. Auf diesen Ein­satzgebieten spielt unter anderem das Gewicht eine entscheidende Rolle. Eine stärkere Leistung von Akku-Motorsägen bedeutet den Einsatz größerer Akkus und damit mehr Gewicht. Das ist für den Profibereich nicht zumutbar. Im Gegenteil: Der Trend bei den Mo­torsägen im Profibereich geht weiterhin zu immer leichteren und leistungsfähigeren Produkten. Mit der MS 462 C-M haben wir in die­sem Jahr eine neue Motorsäge auf dem Markt eingeführt. Von den Profis wird uns dieses Gerät sprichwörtlich aus den Händen gerissen. Denn dieses Stihl-Erzeugnis ist ein Beispiel für hohe Leistung bei ge­ringem Gewicht. Das Motorgewicht des 4,4 kW-Kraftpakets liegt bei nur 6 kg. Mit gerade einmal 7,3 kg ist auch das Systemgewicht, also das Gewicht der unbetankten Motoreinheit, inklusive 50 cm-Füh­rungsschiene Rollomatic ES Light und 3/8“ Rapid Super-Sägekette, einzigartig niedrig. Damit ist die MS 462 C-M übrigens die leichteste Säge ihrer Hubraumklasse. Bei allem Bemühen, das Gerätegewicht weiter zu verringern, um die Belastung des Anwenders bestmöglich zu reduzieren, ist die sprichwörtliche Stihl-Zuverlässigkeit dabei na­türlich stets oberstes Kriterium.

 

Ist diese Technik überhaupt noch zu toppen?

Norbert Pick: Die technische Entwicklung geht immer weiter. So haben wir kürzlich auf der Messe „Interforst“ in München mit der Benzinmotorsäge Stihl MS 500i eine Weltneuheit der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie ist die erste Motorsäge mit elektronisch gesteuerter Kraftstoffeinspritzung. Die Stihl Injection-Technologie (i) verleiht der Motorsäge der Zukunft nicht nur eine enorme Durchzugskraft, son­dern sorgt zudem für eine rasante Beschleunigung der Sägekette von 0 auf 100 km/h in nur 0,25 Sekunden. Verglichen mit dem Auto­mobilsport ist das eine Beschleunigung auf Formel 1-Niveau. Dank der intelligenten Leichtbauweise glänzt die MS 500i zudem mit dem besten Leistungsgewicht überhaupt. 1,24 Kilogramm pro Kilowatt, dieser beispielhaft niedrige Wert ist bei Serienmotorsägen bisher unerreicht.

 

Herr Pick, Sie erwähnten in einem früheren Gespräch mit „Treffpunkt.Bau“, dass die Vernetzung der Stihl-Produkte eines der Hauptthemen in diesem Jahr sein wird. Welche Aktivitäten hat Stihl zur Beschleuni­gung der Digitalisierung gegenwärtig im Visier?

Norbert Pick: Digitalisierung begleitet uns seit einigen Jahren. Ge­rade in der Fertigung, Ersatzteil-Logistik und im Vertrieb sind wir längst gut vernetzt. Heute läuft das alles unter dem Stichwort Indus­trie 4.0. Um weiterhin auf dem neuesten Stand zu sein und die Ak­tivitäten zu bündeln und zu beschleunigen, haben wir neue Struk­turen geschaffen. So wurde 2017 im Stammhaus ein neuer Bereich Digitalisierung aufgebaut. Wenn man so will, entwickelt sich dieses Thema für Stihl in den nächsten Jahren zu einem Wachstumstreiber für neue Produkte, die höheren Kundennutzen ermöglichen. Das gilt für die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum Service und Vertrieb. Wichtig ist die Vernetzbarkeit unserer Geräte mitein-ander. Ein Beispiel für die sogenannten „Smart Solutions“ ist der Mähroboter iMow, der sich bequem über eine App steuern lässt. Ein weiteres Beispiel im Bereich „Smart Garden“ ist der Smart Garden Hub GCI 100, der unter anderem die Bewässerung nach aktuellen Wetterdaten auf größeren Flächen wie Parkanlagen oder Sportplät­zen steuert und mit dem iMow kommuniziert, um zu verhindern, dass die Bewässerung eingeschaltet wird, während der iMow mäht. Nicht nur, dass die Grünpflege dadurch erheblich erleichtert wird, auch der Wasserverbrauch kann bis zu 50 Prozent reduziert werden. Nennen möchte ich in diesem Zusammenhang auch „Stihl connect pro“, eine Systemlösung, mit der sich unsere Geräte, aber auch die anderer Hersteller vernetzen lassen. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten bei der Wartung und Pfle­ge der Geräte, aber auch bei der Planung von Arbeitseinsätzen so­wie der Verwaltung des Maschinenparks. Das System besteht aus dem Stihl Smart Connector, der auf der Maschine angebracht wird und Betriebsdaten erfasst. Diese werden per Stihl App auf dem Smartphone oder Tablet des Anwenders und via Stihl Cloud an das Stihl connect pro Portal übertragen. Auch eine zentrale Erfassung von Geopositionen einzelner Geräte wird dann möglich sein. Dies schafft die perfekten Voraussetzungen für ein effizientes Flottenma­nagement und ermöglicht unter anderem die exakte Planung von Wartungsterminen, was wiederum Ausfallzeiten minimiert. Doch nicht nur für die Produkte selbst, auch beim Service im Fach­handel sollen die Chancen der Digitalisierung künftig vermehrt ge­nutzt werden. Wir arbeiten mit Hochdruck an neuen Technologien, um unseren Kunden neue digitale Anwendungen aus dem Hause Stihl anbieten zu können.

 

 

Text: Rainer Oschütz

Bilder: Rainer Oschütz, Stihl

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