Fliegl – Grün gewinnt

Triptis. Grüne Ideen, die sich in schwarze Zahlen ummünzen lassen – aus immer frischen Zutaten mixt Helmut Fliegl sein Erfolgsrezept, das scharf kalkulierenden Kunden besonders gut schmeckt. Aktueller Clou des Leichtbau-Vorkämpfers ist das „Milliarden Euro Ding“, wie Fliegl seinen neuesten Kipper getauft hat. Was es mit dem zehnstelligen Kosenamen auf sich hat und welche weiteren Neuheiten Fliegl für die Baubranche parat hat, haben wir auf den Bautagen 2020 im thüringischen Triptis recherchiert.

Manch visionärer Erfinder teilt sein Schicksal mit dem Los verkannter Künstler: Das Potential ihres Werks wird von Zeitgenossen nicht gewürdigt. In seinen Anfangsjahren als Unternehmer haderte auch Helmut Fliegl damit, dass der Markt seine Leichtbau-Initiativen schlicht ignoriert oder gar belächelt hat. „Das war zwar bitter, aber bremsen ließen wir uns nie. Wir hinterfragen bis heute konsequent alles Etablierte und verfolgen unseren eigenen Weg. Und wir setzen Trends. Der Nutzen für unsere Kunden ist die Messlatte – dafür scheuen wir keine Mühe und rudern auch mal gegen den Strom. Im Ergebnis punktet jedes unserer Fahrzeuge mit unzähligen kleineren und größeren Besonderheiten, die unseren Kunden Tag für Tag die Arbeit leichter und profitabler machen“, so Fliegl.

Mit Untergewicht zum Überflieger

Unter 4.000 kg Leergewicht bringt der sogenannte Revolution-Kipper auf die Waage und überflügelt damit laut Fliegl hinsichtlich der Nutzlast den kompletten Wettbewerb. Im Zusammenspiel mit einer ebenfalls leichten Zugmaschine können bis zu 30 t geladen werden – gut 1 t mehr als mit dem bekannten Fliegl DHKA 390 Kipper. Damit macht Fliegl seine „Milliarden Euro Fahrzeug“-Rechnung auf: „Eine Tonne mehr Nutzlast ergibt 3,5 % weniger Fahrten. Das bedeutet auf Basis der vom Verkehrsministerium veröffentlichten Verbrauchszahlen 770 Millionen Liter Diesel weniger – pro Jahr und nur für Deutschland wohlgemerkt. Bei einem Dieselpreis von 1,30 Euro pro Liter errechnet sich damit eine Kosteneinsparung von 1.001.000.000 Euro. Wir nennen unsere Innovation also mit Fug und Recht das ‚Milliarden Euro Ding‘“, so Fliegl. Im nächsten Schritt errechnet Fliegl aus der möglichen Dieselersparnis eine potentielle CO2-Reduktion von 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr und demonstriert damit eindrücklich die Vereinbarkeit von ökonomischem und ökologischem Nutzen.
Wichtiger als hochgerechnete Zahlen sind für den einzelnen Unternehmer die handfesten Vorteile des neuen Sattelkippers mit Aluminium-Kastenmulde im Alltagsbetrieb. Seine konisch geformte 25-m³-Mulde aus hochfestem Aluminium ist optimal auf das sogenannte „Curved“-Chassis abgestimmt. Diese patentierte Stahlkonstruktion ist laut Fliegl dank ihrer cleveren Bauweise kaum schwerer als ein teureres und anfälligeres Alu-Chassis. Ebenfalls positiv: Aufgrund der geringen Halshöhe der Curved-Konstruktion von nur 180 mm ist das gesamte Chassis niedriger. Dadurch wandert der Ladungsschwerpunkt nach unten, was die Fahrsicherheit erhöht und den sicheren Stand beim Kippen verbessert. Die um 21° Grad geneigte Stirnwand erleichtert laut Fliegl die Entladung auch von bindigen Gütern und sorgt für eine bessere Lastverteilung. Bei dem im Aufbau verwendeten Aluminium wird ausschließlich hochfestes Material mit einer Brinell-Härte von HB 110 eingesetzt. Dies bedeutet eine hohe Abriebfestigkeit auch bei abrasiven Ladungen und steht gleichzeitig für ein geringes Gewicht. Luftleitbleche sorgen in Verbindung mit der besonderen Curved-Chassis-Form, der konisch geformten Mulde und der nach außen gewölbten Membran-Rückwand für einen niedrigen CW-Wert und verringern so den Kraftstoffverbrauch. Ebenfalls mit Blick auf die Nachhaltigkeit betont Fliegl, dass die Curved-Chassis komplett in Triptis gefertigt werden. Wo immer möglich, integriert Fliegl Produktionsschritte ins eigene Werk und spart damit die Transportwege durch Lieferanten. Ein weiterer Vorteil der hohen Fertigungstiefe: Durch die Serienfertigung am Standort Triptis in Deutschland ist eine schnelle Verfügbarkeit gewährleistet, auch bei hohen Stückzahlen.

Innovation für mehr Traktion und Sicherheit

Das neu entwickelte Fliegl Drive On wirkt als Traktionshilfe und Kippstabilisator zugleich. Das System bedient sich der Luftfederung des Trailers und kann durch Absenken bzw. Anheben der Achsen die Gewichtsverteilung einer beladenen Kippmulde so verändern, dass beim Anfahren bis zu 6,7 t mehr auf die Antriebsachse des Zugfahrzeugs drücken, was deren Traktion drastisch verbessert. Laut Fliegl wirkt Drive On damit vergleichbar effektiv gegen das Festfahren auf rutschigem Untergrund wie eine angetriebene Trailerachse. Auch Kosten und Gewicht für Allrad am Zugfahrzeug könne sich der Unternehmer sparen. „Drive On braucht keine Hydraulik und keine zusätzliche Elektronik. Es wiegt nur 26 kg und leistet als Traktionshilfe Vergleichbares wie eine 750 kg schwere Trailerachse mit Hydrodrive. Auch der Kostenfaktor von etwa 15.000 Euro für die hydrostatische Achse gegenüber rund 3.000 Euro spricht deutlich für unser System. Drive On ist günstig, hocheffektiv und so einfach, dass es praktisch nicht kaputtgehen kann. Damit ist es typisch Fliegl“, freut sich der Chef über den jüngsten Clou seiner Entwicklungsabteilung.
In seiner Funktion als Kippstabilisator nutzt Drive On zwei pneumatisch klappbare Stahlstempel, die eine starre Verbindung zwischen dem Chassis und dem ersten Achsaggregat herstellen. So wird die Federung ausgehebelt und seitliche Schaukelbewegungen werden abgefangen. „Drive On ermöglicht 3 Grad mehr Schräglage beim Kippen, bis das Fahrzeug zur Seite abrollt. 8 statt 5 Grad sind eine Größenordnung, die nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis den Unterschied zwischen kein Problem und Katastrophe ausmachen können. In Hunderten von Versuchen haben wir die Funktion nachgewiesen und können den Zugewinn an Sicherheit durch Drive On garantieren“, so Fliegl. Das System gibt es in einer automatischen Version, aber auch als Handschalter. In dem Fall muss der Fahrer zum Ein- und Ausschalten von Drive On am Trailer einen Schalter umlegen.

Zuversichtlich Richtung Zukunft

„Innovationen wie aktuell der Revolution-Kipper und Drive On sind ein wichtiger Grund dafür, dass wir uns auch in schwierigeren Zeiten am Markt behaupten können“, antwortet Helmut Fliegl auf die Frage nach den Verkaufserfolgen im vergangenen Jahr. „Für 2019 hatten wir mit rund 5.500 Fahrzeugen geplant, etwa 5.000 Einheiten haben wir tatsächlich verkauft. Grund dafür ist die sich abschwächende Konjunktur. Das merken auch wir. Fliegl ist jedoch nicht auf reine Stückzahlen angewiesen. Mit unseren stark nachgefragten Sonderkonstruktionen aus Werk 1 können wir viel auffangen. Zudem sind wir im Ausland gut aufgestellt. Und für die IAA haben wir noch einen echten Kracher in petto. Optimistisch und freudig für die Zukunft stimmt mich auch, dass unsere beiden Söhne bereits ins Unternehmen eingetreten sind und das Geschäft von Grund auf lernen. Fliegl ist und bleibt ein Familienunternehmen und zu dieser Familie zähle ich auch unsere treue Belegschaft, mit der wir bereits einige Höhen erlebt und Tiefen gemeistert haben.“

 

Text und Fotos: Manfred Zwick und Peter Hebbeker

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