Mekratronics – Mehr Sicherheit durch zusätzliche Sicht

Die Kosmetik- und die Baumaschinenbranche haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Es gibt jedoch einen Gegenstand, der für beide Branchen elementar ist: der Spiegel. Aus der Spiegelfabrik Ing. Hans Lang hat sich in den letzten 88 Jahren einer der weltweit erfolgreichsten Spiegel- und Kamera-Monitor-System-Hersteller für Nutzfahrzeuge und Pkw entwickelt.

Die Geschichte der Mekra Lang Gruppe begann 1932 mit der Gründung einer kleinen Spiegelwerkstatt im Kellergeschoss eines Fürther Hinterhofs. Dort fokussierte sich das Ehepaar Hans und Frieda Lang zunächst auf die Produktion von Hand- und Taschenspiegeln. Als Heinrich und Günther Lang ihren Eltern 1960 als Geschäftsführer folgten, verlagerten sie den Fokus auf die Herstellung kleiner Spiegel und begannen ab 1964 auch mit der Produktion von Rückspiegeln für Nutzfahrzeuge und Pkw. Durch den zunehmenden Erfolg ihrer Spiegelsysteme war es ihnen möglich, 1978 einen neuen Standort in Ergersheim zu gründen. Dieser wurde nach Übernahme des Nürnberger Traditionsunternehmens „Metallwaren KRAuse“ zum Hauptstandort von „MEKRA Lang“. Seit 2003 produziert die Mekra Lang Gruppe in Zusammenarbeit mit namhaften Nutzfahrzeugherstellern auch Kamera-Monitor- sowie Spiegelersatz-Systeme. Die dazugehörige Vertriebstochter „MEKRAtronics“ wurde 2012 gegründet. Über die Mekra Lang Gruppe sowie die Vor- und Nachteile von Spiegel- und Kamera-Monitor-Systemen sprach Oliver Hutzler, Produktmanager Mekratronics, mit Treffpunkt.Bau.

 

Herr Hutzler, könnten Sie sich, die Mekra Lang Gruppe und Mekratronics bitte kurz vorstellen?

Oliver Hutzler: Sehr gerne. Die Mekra Lang Gruppe ist auf Erstausrüster spezialisiert, das heißt, sie beliefert hauptsächlich Konzerne wie Daimler, Fendt, John Deere und viele mehr. Mekratronics wurde 2012 als Vertriebstochter gegründet, um auch Hersteller unterstützen zu können, die geringere Stückzahlen produzieren. Unser Produktsortiment setzt sich aus Kamera-Monitor- und Radarsystemen zur Objekterkennung zusammen und ist abgestimmt auf die harten Einsatzbedingungen von Nutzfahrzeugen, Bau- und Agrarmaschinen. Die Mekra Lang Gruppe hat aktuell 13 Standorte in neun Ländern. Weltweit arbeiten circa 2.902 Mitarbeiter für Mekra Lang, etwa 1.263 davon an unserem Hauptstandort in Ergersheim. Mit Spiegelsystemen erzielt die Gruppe den größten Teil ihres Umsatzes, doch auch Spiegelersatz- und Kamera-Monitor-Systeme erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Ich arbeite seit vielen Jahren für Mekra Lang – Mekratronics begleite ich seit ihrer Gründung 2012. Zunächst im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und seit Anfang 2019 als Produktmanager.

 

Haben Sie ein persönliches Highlight aus den letzten neun Jahren?

Oliver Hutzler: 2018 haben wir das weltweit erste digitale Sichtsystem vorgestellt. Es wurde in enger Zusammenarbeit mit Daimler Trucks und Bosch entwickelt und in den neuen Actros integriert. Das innovative Spiegelersatzsystem spart durch seine aerodynamische Form Kraftstoff und bietet eine verbesserte Sicht nach hinten sowie im Bereich der A-Säule. Es sorgt zudem durch das Mitschwenken des Kamerabildes für noch mehr Sicherheit beim Rangieren und Abbiegen sowie bei Spurwechseln. Für diese außergewöhnliche Innovation haben wir mehrere Awards und Auszeichnungen bekommen. Darüber hinaus liefern wir als weltweit einziger Hersteller Spiegel- und Kamera-Monitor-Systeme aus einer Hand. Auf diese Leistung sind wir sehr stolz.

 

Bei Nutzfahrzeugen und Baumaschinen ist aktuell noch kein Sichtfeld hinter dem Fahrzeug vorgeschrieben. Sollte sich das Ihrer Meinung nach ändern?

Oliver Hutzler: Tatsächlich werden gerade EU-Richtlinien für das bewegte Rückwärtsfahren erarbeitet, mit deren Inkrafttreten wir ab 2024 rechnen. Noch immer passieren zahlreiche Unfälle, die auf die fehlende Sicht und tote Winkel beim Rückwärtsfahren zurückzuführen sind. Der Straßenverkehrs-Ordnung sowie der DGUV zufolge muss ein Einweiser zum Einsatz kommen, sobald die direkte Sicht des Fahrers nicht ausreicht, um die Sicherheit anderer Beschäftigter zu gewährleisten. Gerade auf Baustellen, bei denen Maschinen etliche Male pro Tag dieselbe Strecke hin- und zurückfahren müssen, ist das Abstellen eines Einweisers nicht immer praktikabel. Zusätzlich muss sich der Fahrer darauf verlassen, dass ihm die einweisende Person die richtigen Zeichen gibt. Wenn der Fahrer in der Lage ist, selbst zu sehen wohin er fährt, kann er selbstsicherer und zügiger arbeiten. Dadurch werden Beschädigungen an Maschinen, Umgebungen und Fahrzeugen vermieden, die Fahrten werden wirtschaftlicher und es passieren weniger Unfälle.

 

Welche Möglichkeiten zur Sichtverbesserung gibt es?

Oliver Hutzler: Zur Verbesserung der Sichtverhältnisse können Hilfsmittel wie Spiegel-, Kamera-, Ultraschall- oder Radarsysteme eingesetzt werden. Hier kommen die Kamera-Monitor-Systeme von Mekratronics ins Spiel. Wir bieten seit über 10 Jahren effiziente Rückraumüberwachungssysteme an, die den Fahrer unterstützen. Aktuell arbeiten wir beispielsweise an einer neuen Shutterkamera, die voraussichtlich Mitte 2021 serienreif sein wird. Das Shuttergehäuse, das sich bei der Vorwärtsfahrt schließt und beim Einlegen des Rückwärtsganges automatisch öffnet, schützt die Kameralinse vor Dreck, Staub und Eis. Die Linse ist beheizbar, sodass die Kamera problemlos bei Temperaturen von -40° bis +85 °C einsetzbar ist. Die Shutterkamera zeichnet sich durch ein besonders robustes Gehäuse (Schutzklasse IP 69K) sowie eine hohe Vibrations- und Schockfestigkeit aus. Auch bei Dunkelheit oder schlechten Lichtverhältnissen liefert sie durch ihre Lichtempfindlichkeit von unter 0,5 Lux in Kombination mit dem Licht des Rückfahrscheinwerfers gestochen scharfe Bilder.

 

Rückfahrkamerasysteme dienen also auch der Unfallverhütung. Wie sieht die BG Bau das Thema?

Oliver Hutzler: Auch die BG Bau erkennt die Wichtigkeit und den hohen Nutzen solcher Systeme an, weshalb die Anschaffung mit 55 Prozent des Preises oder maximal 500 Euro bezuschusst wird. Der Preis für die neue Shutterkamera steht noch nicht fest, aber eines unser aktuellen Systeme kostet mitsamt Monitor und einer Verkabelung bis zu 10 Metern etwa 750 Euro.

 

Das Einsparpotenzial ist also beachtlich. Gibt es auch beim Vorwärtsfahren Situationen, in denen die üblichen Spiegelsysteme nicht ausreichen?

Oliver Hutzler: Gerade Radlader und Traktoren sind oftmals so konstruiert, dass sie ein Vorbaumaß von 3,50 Metern überschreiten. Das heißt, der Fahrer sitzt so weit von der vorderen Fahrzeugkante entfernt, dass er beim Einfahren in unübersichtliche Kreuzungsbereiche einen Einweiser benötigt. Um dieses Problem zu lösen, hat Mekratronics das Querkamera-Monitorsystem (Q-KMS) entwickelt, das in drei verschiedenen Varianten angeboten wird. Bei den Ausführungen „Professional“ sowie „Basic“ werden zwei Kameramodule an der Fahrzeugfront angebracht. Über zwei ergonomisch platzierte Monitore im Fahrerhaus hat der Fahrer dann ideale Sicht auf den sich nähernden Querverkehr.

 

Kann dadurch der Einweiser einfach ersetzt werden?

Oliver Hutzler: Durch den Verbau dieses Systems und die anschließende TÜV Abnahme mit Sichtfeldprüfung kann eine Eintragung in die Fahrzeugpapiere erfolgen. Betreiber profitieren so nicht nur von einer Risikominimierung durch das erweiterte Sichtfeld, sondern können ab diesem Zeitpunkt im öffentlichen Straßenverkehr auf den geforderten Einweiser ganz legal verzichten. Das spart Geld, schont Ressourcen und hilft Unfälle zu vermeiden.

 

Wenn Kamera-Monitor-Systeme einen so wichtigen Beitrag zur Sicherheit leisten, warum ersetzt man herkömmliche Spiegelsysteme nicht einfach komplett?

Oliver Hutzler: Das ist eine berechtigte Frage. Wir haben uns dieser Herausforderung gestellt und zusammen mit Daimler Trucks und Bosch ein System entwickelt, das diesen hohen Anforderungen gerecht wird. Zuverlässigkeit spielt da beispielsweise eine wesentliche Rolle. Der Spiegel liefert durchgehend dasselbe analoge Bild und ist preislich attraktiv. Einfache Geräte wie Smartphones oder PCs können keine hundertprozentige Ausfallsicherheit garantieren. Dies ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für ein Spiegelersatzsystem. Da Spiegelersatzsysteme noch nicht die Regel sind, mussten dafür erst die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden – ein wichtiger Schritt, der von uns ebenfalls unterstützt wurde. Nicht zuletzt ist es aber auch eine Kosten-Nutzen-Frage. Herkömmliche Spiegelsysteme sind günstig und sie erfüllen ihren Zweck in den meisten Fällen. Beim Rückwärtsfahren oder bei Fahrzeugen mit Vorbaumaßüberschreitung sind Kamera-Monitor-Systeme allerdings die technisch bessere und vor allem sicherere Lösung. Es ist also immer ein Spagat zwischen dem, was technisch machbar ist, und der finanziellen Attraktivität.

 

Denken Sie, Kamera-Monitor-Systeme werden Spiegel in absehbarer Zeit ersetzen?

Oliver Hutzler: Ich denke, dass sich Spiegel- und Kamera-Monitor-Systeme auch in Zukunft weiter ergänzen werden. Wo es technisch sinnvoll ist, wird der Spiegel ersetzt. Jetzt schon ergänzen wir unsere Sichtlösungen mit aktiven Warnsystemen. Seit 2012 haben wir eine Kooperation mit der Firma Preco Electronics, einem der führenden Hersteller für Radarsysteme im Nutzfahrzeugbereich. Durch die Radarsensoren kombinieren wir die indirekte Sicht über Kamera-Monitor-Systeme mit aktiven Warnungen, die den Fahrer in Gefahrensituationen unterstützen. So kann er auch beim Abbiegen, Rückwärtsfahren oder Rangieren konzentriert seinen täglichen Aufgaben nachgehen. Unser Ziel ist, auch in Zukunft mit Innnovation die Sicherheit und Effizienz im Nutzfahrzeugbereich zu steigern.

 

Text: Gloria Schaffarczyk

Bilder: Mekratronics

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