Rädlinger Maschinen- und Stahlbau // Mit dem richtigen Löffel das Maximum herausholen

Effizienz gilt als Schlüssel zum Erfolg. Motoren geizen mit dem Sprit, digitale Assistenten beschleunigen die Abläufe, manche Maschinen arbeiten autonom. Aber eine Schaufel mit Zähnen – die hatte schon 1839 der Dampfbagger Otis. Wie viel Know-how in einem modernen Löffel steckt und wie sehr er zur Produktivität der Trägermaschine beiträgt, berichtet uns Thomas Wittmann, Geschäftsbereichsleiter bei Rädlinger Maschinen- und Stahlbau. Bernd Mair hat das Headquarter in Cham und das Werk in Schwandorf besucht.
 

Wie viele unterschiedliche Löffel hat Rädlinger im Sortiment und was ist das wichtigste Produkt?

Thomas Wittmann: Wie viele unterschiedliche Löffel Rädlinger fertigt, ist schwer zu beziffern. Unsere besondere Stärke ist ja gerade, dass wir auf Kundenwünsche äußerst individuell eingehen. Das Einzelstück ist bei uns im Werk Cham sozusagen ein Regelfall. Was ich sagen kann, ist, dass wir allein im Chamer Werk bislang insgesamt über 40.000 unterschiedliche Löffel produziert haben. Viele davon in hohen Stückzahlen, aber auch eine große Anzahl an Unikaten. Bei dieser Vielfalt ist es schwer zu bestimmen, was der wichtigste Löffel für Rädlinger ist. Ein absoluter Bestseller über alle Klassen ist der Schwenklöffel. Unser klares Alleinstellungsmerkmal ist aber, dass wir von ganz klein bis riesengroß die komplette Bandbreite an Baggerlöffeln anbieten. Damit sind wir der ideale Systempartner für unsere Industriekunden. Generell ist Rädlinger Maschinen- und Stahlbau so organisiert, dass wir am Standort Cham, in unserem Headquarter, alle Ressourcen konzentriert haben, was Entwicklung, Administration, Vertrieb und Einkauf betrifft. Zudem fertigen wir in Cham die großen Löffel, Schaufeln und die Sonderbauten. In Schwandorf betreiben wir die verlängerte Werkbank für unsere Produktion in Cham. Schwandorf produziert in Serie große Stückzahlen und konzentriert sich auf die kleineren Löffel für Minibagger bis hin zu Trägergeräten mit etwa 12 Tonnen. Dort haben wir auch die Logistik gebündelt. Im Maschinen- und Stahlbau beschäftigen wir ungefähr 300 Mitarbeiter.
 

Ein Baggerlöffel ist kein so glänzendes Imageprodukt wie eine neue Baumaschine. Warum also ein Markenprodukt von Rädlinger kaufen?

Thomas Wittmann: Der Bagger ist nur so gut wie sein Löffel. Und der Löffel ist nur so gut wie sein Hersteller. Rädlinger punktet hier ganz klar mit ausgezeichnetem Know-how und modernen Konstruktions- und Fertigungsmethoden. Der alte Leitsatz ‚Viel hilft viel‘ ist längst überholt. Der Löffel wird durch unnötigen und undurchdachten Materialeinsatz nur schwer und die Maschine dadurch träge und ineffizient. Der Spritverbrauch und auch der Verschleiß steigen. Die aufgepanzerten Bereiche am Löffel müssen genau dort positioniert sein, wo sie benötigt werden. Zuweilen drängt sich der Eindruck auf, dass manche Löffel nach optischen Aspekten designt werden. Aber nur, weil etwas robust aussieht, muss es das nicht sein. Wir berechnen jeden Löffel exakt mittels FEM-Berechnung. Der Einsatz wird simuliert und für die unterschiedlichen Trägergeräte hochgerechnet. Wir platzieren den Verschleißsschutz dort, wo er tatsächlich benötigt wird. Dieser Konstruktionsaufwand ist am Markt keine Selbstverständlichkeit. Das ist unser Erfolgsgeheimnis. Sicherlich hat uns in den Anfangsjahren auch die Nähe zum Rädlinger Bauunternehmen geholfen. Das Feedback aus der Praxis konnten wir direkt in Verbesserungen an den Löffeln umarbeiten. Damals schon ist so viel an neuen Erkenntnissen und Innovation in unsere Produktion eingeflossen, dass unser Seniorchef die Löffel anfangs gar nicht an andere Unternehmen verkaufen wollte, um den Vorsprung nicht einzubüßen. Mittlerweile sind Rädlinger Maschinen- und Stahlbau und das Bauunternehmen getrennt und wir haben ganz neue Möglichkeiten generiert, um unsere Löffel im Feld bei unterschiedlichsten Bedingungen zu testen.
 

Effizienzsteigerung ist als Schlagwort in aller Munde. Was bringt der richtige Löffel?

Thomas Wittmann: Am Anfang steht die umfassende Analyse der Anforderungen des Bauunternehmers an den Löffel. Weil die Bedarfsermittlung so wichtig ist, beschäftigt Rädlinger ein großes Vertriebsteam mit Spezialisten. Den einen Löffel, der alles kann, gibt es nicht. Wer mit einem Standardlöffel verschiedene Aufgaben erledigen will, muss den Verlust von Prozesskosten akzeptieren. Wenn geklärt ist, was der Löffel leisten soll, dann können wir das exakt passende Produkt fertigen. Besonders im Bereich Steinbruch/Gewinnung ist praktisch jeder Löffel ein Unikat. Hier arbeiten wir Hand in Hand mit dem Auftraggeber. Der direkte Draht zum Konstrukteur ist selbstverständlich und auch erforderlich für das perfekte Ergebnis. Beim Löffelbau geht es letztlich um die Lösung der Frage: Wie hole ich das Maximum aus der Trägermaschine heraus? Das ist der Punkt, wo wir sehr tief in die Materie einsteigen und den Aufwand betreiben, jede neu vorgestellte Maschine bis ins Detail zu analysieren, um den perfekten Löffel für genau dieses Gerät herstellen zu können.
 

Verfügbarkeit ist ein weiteres Schlagwort. Was unternimmt Rädlinger, um die Kunden prompt zu bedienen?

Thomas Wittmann: Wir haben in Schwandorf eine immense Lagerfläche geschaffen und die Regale sind stets gut gefüllt. Wir nutzen diese außergewöhnlich großen Lagerkapazitäten konsequent, um schnelle Verfügbarkeiten gewährleisten zu können. Was wir dieses Jahr und auch in den kommenden Jahren noch stärker vorantreiben werden, ist die Automatisierung am Standort Cham. Damit werden wir noch flexibler in der Kurzfristigkeit. Auch im Bereich Sonderlösungen können wir schnell reagieren. Um eine Hausnummer zu nennen: Je nach Auftragslage fertigen wir einen großen Gewinnungslöffel nach individuellen Anforderungen innerhalb von 4–8 Wochen, wobei allein eine vierstellige Arbeitsstundenzahl auf die Schweißarbeiten entfällt.
 

Baggerlöffel sind aus Laiensicht kein Hightech-Produkt. Wo steckt das Know-how, das den Unterschied macht?

Thomas Wittmann: Letztendlich machen die Schweißnaht und die Materialzusammenstellung den Unterschied. Provokant ausgedrückt: Stähle ‚zusammenkleben‘ können viele, aber eine wirklich haltbare Schweißnaht ohne Schwachstellen als formschlüssige Verbindung zu setzen ist eine Kunst. Wir können das gewährleisten, weil wir den Stahlbau im eigenen Haus haben. Wir fertigen zum Beispiel auch Stahlbrücken für die Deutsche Bahn. Rädlinger hat ein exzellentes Fertigungsniveau, damit heben wir uns vom Wettbewerb ab. Diese Aussage können wir treffen, da wir die unterschiedlichsten Löffelfabrikate zur Reparatur bekommen und häufig mit mangelhaften Schweißnähten konfrontiert sind.
 

Sind Veränderungen im Sortiment geplant?

Thomas Wittmann: Wir arbeiten gegenwärtig intensiv daran, unser Portfolio im Schaufelbereich zu vergrößern. Es kommen neue Produkte hinzu. Ein weiteres Ziel ist aber auch, mehr Standardisierung ins Produktprogramm zu bekommen. Rädlinger will Partner für alle sein. Eine Verschlankung des Produktportfolios, wie es andere Hersteller anstreben oder schon durchgezogen haben, kommt für uns nicht infrage.
 

Wie agiert Rädlinger in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Situation?

Thomas Wittmann: Für uns stellt sich die wirtschaftliche Situation nicht so dramatisch dar. Die Auftragslage für das erste Halbjahr 2024 ist in Ordnung. Bei der Bewertung darf man nicht vergessen, dass wir in den letzten Jahren sehr erfolgsverwöhnt waren. Wir nutzen die ruhigere Phase, um alle unsere Investitionen voranzutreiben. In Cham beispielsweise werden wir in den nächsten drei Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag investieren, um die Automatisierung unserer Produktion zu forcieren. Und auch für die darauffolgenden Jahre sind weitere Investitionen geplant. Im Moment baut sich bei den Bauunternehmen ein Investitionsstau auf. Wenn der sich auflöst, haben wir sehr viel zu tun. Ich blicke trotz der gegenwärtigen Herausforderungen und Hemmnisse zuversichtlich in die Zukunft.

 

Text: Bernd Mair
Bildmaterial: Siehe Bildquelle

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