Mörtlbauer Baumaschinen // Befeuert mit Wasserstoff: Mörtlbauer-Muly mit Mercedes-Motor

Offroad, abseits aller ausgetretenen Pfade bewegt sich Mörtlbauer mit dem Muly – ein Geräteträger auf einem 35-t-Bagger-Unterwagen mit Mercedes Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Vor drei Jahren startete die Expedition ins Neuland, das sich dem Fortschritt mit hohen technologischen und bürokratischen Hürden in den Weg stellte. Am 23. Juli konnte Mörtlbauer am Firmensitz in Fürstenzell den fahr­bereiten Prototypen präsentieren. 

„Wirtschaftlich ein Wahnsinn?“, fragen sich viele. „Nein, denn wir können auch die Stückzahl 1“, sagt Geschäftsführer Armin Mörtlbauer und hat auch schon Ideen, wie sich das Wasserstoff-Konzept für massentaug­lichere Maschinen adaptieren lässt.
 

Der Markt bietet fertige Kettenfahrzeug-Geräteträger. Warum nicht so ein Modell modifizieren statt einer Eigenkonstruktion?

Armin Mörtlbauer: Was es bereits gibt, war uns zu klein. Wir wollten ein 30-t-Nutzfahrzeug schaffen, bestehende Konzepte bewegen sich bei etwa der Hälfte. Der Mercedes Wasserstoff-Antriebsstrang wäre für so ein kleineres Fahrzeug überdimensioniert und auch die Betriebskosten sind bei unserem großen Muly mit mehr Nutzlast deutlich attraktiver. Wir verwenden einen handelsüblichen kettenbetriebenen Unterwagen. Der hat sich tausendfach in der Praxis bewährt und ist gegenüber Kleinserienlösungen von Nischenanbietern vergleichsweise kostengünstig. Auch die Wartungskosten sind niedriger und Ersatzteile problemlos verfügbar. Insgesamt scheint mir das die zukunftsträchtigere Lösung. Diese zugekaufte Basis haben wir für unsere Zwecke modifiziert und mit einem hydraulischen Schild ausgestattet. Den kompletten Oberwagen des Muly haben wir selbst entwickelt und gebaut. Sowohl der Stahlbau als auch die Systemarchitektur und die Steuerungstechnik sind Made by Mörtlbauer.
 

Welche Einsätze soll der Muly fahren?

Armin Mörtlbauer: Prädestiniert ist unser Fahrzeug generell für den Einsatz auf weichen Böden, also auch in Moorgebieten oder in sumpfigen Wäldern. Damit bedienen wir einen bislang nicht gedeckten Bedarf. Die Holzernte zum Beispiel mit umfangreichem Wegebau, wie sie derzeit stattfindet, ist nicht mehr zeitgemäß. Den massiven Ernte- und Rückeschäden stellen wir mit dem Muly ein nachhaltigeres Konzept entgegen. Auch im Hochgebirgseinsatz wird sich der Muly bewähren. Dort werden bereits Kettenfahrzeuge zum Transport eingesetzt, nur mit deutlich weniger Nutzlast, als der Muly bewegen kann. Der Muly kann aber nicht Lasten transportieren, sondern ist als modularer Geräteträger konzipiert. Wir können außer einer Mulde zum Beispiel auch die Mischertrommel eines handelsüblichen Fahrmischers montieren oder Rohre für den Pipelinebau transportieren. Der Prototyp steht auf einem Standard-Unterwagen mit 6 km/h Geschwindigkeit. Je nach Einsatzzweck und Kundenanforderung sind mit Modifikationen bis zu 12 km/h auf dieser Basis möglich. Mit einer Tankfüllung von 14 kg Wasserstoff kann der Muly etwa 2 Stunden arbeiten. Das modulare Tanksystem lässt sich jedoch erweitern, sodass eine Tagesreichweite möglich sein wird. Das Nachtanken erfolgt in wenigen Minuten. Gespeichert wird der Wasserstoff im Fahrzeug bei 700 bar. Wir können mit einer Tankfüllung etwa 200 kWh mechanische Energie erzeugen. Im Arbeitseinsatz rufen wir bis zu 200 kW Leistung ab.
 

Die Muly soll in abgelegenen Gebieten arbeiten. Wäre ein Dieselantrieb dort nicht praktischer als Wasserstoff?

Armin Mörtlbauer: Unser Muly wird in sensiblen Ökobereichen arbeiten. Ein emissionsfreier Betrieb ist für mich die logische, nachhaltige und einzige zukunftsträchtige Lösung. Bis sich Wasserstoff als Energieträger massenhaft durchsetzen wird, ist es noch ein weiter Weg. Für unseren Zweck jedoch ist der Wasserstoff-Verbrennungsmotor ideal. Zum Tanken muss zwar in eine mobile Infrastruktur investiert werden. Das ist noch aufwendig und kostet Geld, aber es ist möglich. Auch das haben wir mit unserer Lösung gezeigt. Eine ebenso emissionsfreie Alternative zum Wasserstoffmotor wäre der Akkuantrieb, der jedoch in dieser Fahrzeugklasse viel zu schwer und zu teuer wäre. Ein 200-kWh-Akku wiegt mit Gehäuse deutlich über eine Tonne. Unser 14-kg-Tank speichert genauso viel Energie und wiegt komplett mit Einhausung nur etwa 400 kg. Die Brennstoffzelle ist meiner Ansicht nach für den Einsatz in einem Fahrzeug wie dem Muly völlig ungeeignet, weil sie äußerst empfindlich auf Verschmutzung reagiert. Wenn sie einmal Schmutz oder auch nur fremdes Gas zieht, ist sie sofort kaputt – wohl gemerkt, nicht geschädigt, sondern Schrott. Der Mercedes Wasserstoff-Verbrennungsmotor ist demgegenüber hervorragend robust. Die Technik kennen und beherrschen wir. Dort sehe ich das größte Potential für die Zukunft. Deshalb haben wir uns für diese Technologie entschieden.
 

Ist der Muly auch wirtschaftlich tragfähig?

Armin Mörtlbauer: Letztendlich waren es Kundenanfragen nach solch einem Fahrzeug, die uns auf die Idee brachten. Es gibt also einen konkreten Bedarf. Wir sind kein Hersteller für Hunderterserien, aber Einzelstücke können wir fertigen, die genau auf die Anwendung zugeschnitten sind. Überall, wo Infrastruktur in schwer zugänglichen Gebieten aufgebaut werden muss, sehe ich Einsatzgebiete für den Muly.
 

Woher nimmt Mörtlbauer den Mut und das Know-how für so ein Projekt?

Armin Mörtlbauer: Wir haben reichlich Erfahrung mit Modifikationen an Baumaschinen und nehmen diese Umbauten sehr ernst, auch in puncto CE-Zertifizierung. Wir wissen daher, worauf wir uns bei so einem Projekt einlassen. Bei solch einem Eigenbau sind wir in der Herstellerpflicht und haben uns von vorneherein Gedanken über den Gefahrenausschluss gemacht. Am Ende bin ich der Hersteller und muss das CE-Zeichen auf das Fahrzeug setzen. Derzeit existiert jedoch keine verbindliche Norm für diese Art von Maschine. Wir haben uns daher an der Norm für Druckluftmaschinen orientiert und stehen selbst in der Verantwortung. Beim Muly mache ich das mit gutem Gewissen. Wir erfüllen mit der Maschinensteuerung via CAN-Bus die höchsten Sicherheitsanforderungen. Den Hochdrucktank, als potenziell gefährlichstes Bauteil, haben wir sicher eingehaust und möglichst weit entfernt vom Fahrer platziert. Der vorgestellte Prototyp ist jedoch ohnehin unverkäuflich. Wir hatten bei der Umsetzung tatkräftige Partner. Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor kommt von Mercedes-Benz. Von dort haben wir während der gesamten Projektphase technische Unterstützung erfahren. Das Tanksystem mussten wir komplett von null an entwickeln. Überwacht werden müssen zum Beispiel das Tankvolumen, die Temperatur im Tank und sogar das Verhalten des Wasserstoffs in den Tankleitungen muss erfasst werden. Sehr produktiv war auch wieder die Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro um Herrn Backes und Dr. Klein, mit denen wir bereits zuvor große Projekte durchgeführt haben. Unsere wichtigste Ressource ist aber die Mörtlbauer-Mannschaft, die solche Aufgaben mit Begeisterung anpackt und das nötige Fachwissen sowie die Erfahrung mit Herausforderungen bei Projekten mit der Stückzahl 1 besitzt. Das Wissen, das wir mit dem Muly erworben haben, bleibt in der Firma. Ich betrachte es als Investition in die Zukunft. Den Wasserstoff-Verbrennungsmotor kann ich mir sehr gut in einem Bagger oder einem Autokran vorstellen. Das Know-how für die Umsetzung hat Mörtlbauer jetzt.

 

Text: Peter Hebbeker, Treffpunkt.Bau
Bildmaterial: Mörtlbauer; Treffpunkt.Bau

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