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Ott // Großfahrzeuge im neuen Lackgewand
Seit über 150 Jahren steht die Ott GmbH & Co. KG für Expertise in der Lackierbranche. Was 1864 als kleiner Malerbetrieb begann, der Kutschen und Schlitten vergoldete und bemalte, hat sich unter der Leitung von Geschäftsführer Oliver Trowitzsch zu einem hochmodernen Lackierzentrum entwickelt. Mit Sitz in Ehingen und einem spezialisierten Standort in Öpfingen bearbeitet Ott heute auch Fahrzeuge und Maschinen im XXL-Format.
Am Standort Ehingen konzentriert sich das Unternehmen auf die Pkw-Unfallinstandsetzung und kleinere Fahrzeuge. Der 2021 in Betrieb genommene Neubau in Öpfingen hingegen ermöglicht die Lackierung von Großfahrzeugen und Industrieteilen. Mit drei spezialisierten Lackierhallen, die bis zu 20 Meter hoch sind, bearbeitet Ott überwiegend die Mobilkrane von Liebherr, dem mit Abstand größten Auftraggeber, auf den mehr als 80 % der Lackierungen entfallen. Ott verbindet traditionelle Handwerkskunst mit innovativen Technologien und legt dabei großen Wert auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Durch den Einsatz moderner Anlagentechnik, Blockheizkraftwerken und Wärmerückgewinnungssystemen hat das Unternehmen eine Vorreiterrolle in der Branche eingenommen.
Das Treffpunkt.Bau-Team sprach mit Oliver Trowitzsch über die Herausforderungen bei der Lackierung von Großfahrzeugen, die Bedeutung von Effizienz und Nachhaltigkeit sowie die aktuellen Entwicklungen in der Branche.
Herr Trowitzsch, Ihr Unternehmen lackiert unter anderem die riesigen Mobilkrane von Liebherr. Werden diese Maschinen fertig zusammengebaut lackiert oder kommen sie in Einzelteilen zu Ihnen?
Oliver Trowitzsch: Die Lackierung erfolgt erst nach der vollständigen Montage und Produktion der Geräte. Das war eine bewusste Entscheidung, da die Maschinen nach der Produktion zunächst getestet und abgenommen werden müssen. Dabei würde der Lack stark beansprucht und möglicherweise beschädigt werden. Durch die Lackierung im Nachhinein stellen wir sicher, dass der Kunde sein Gerät in einwandfreiem Zustand erhält.
Das heißt, die Maschinen kommen grundiert zu Ihnen?
Oliver Trowitzsch: Genau. Etwa 95 Prozent der Bauteile kommen standardmäßig grundiert von Zulieferern. Das komplette Gerät wird zusammengebaut, geprüft und vom TÜV abgenommen. Danach kommt es zu uns in die Lackiererei, wo wir es nach den Wünschen des Kunden individuell gestalten.
Also hat der Kunde große Freiheiten bei der Gestaltung?
Oliver Trowitzsch: Absolut. Der Anteil an Standardausführungen liegt mittlerweile nur noch bei etwa 20 Prozent. Die meisten Kunden nutzen die Möglichkeit, ihren Kran individuell zu gestalten.
Liebherr hat aber auch eine eigene Lackiererei?
Oliver Trowitzsch: Natürlich, Liebherr verfügt über eigene Lackierkapazitäten. Allerdings vergeben sie viele Aufträge an Zulieferbetriebe wie uns. Durch die enge Zusammenarbeit sind wir einer der größten Partner im Lackierbereich für Liebherr.
Wie viel Prozent Ihres Geschäfts entfällt auf Liebherr?
Oliver Trowitzsch: Über 80 Prozent unseres Geschäfts hat mit Liebherr zu tun. Der Rest verteilt sich auf andere Aufträge im Bereich Baumaschinenlackierung – egal ob Bagger, Krane, Lkw, Auflieger oder ganze Tanklastzüge. Wir sind spezialisiert auf alles, was groß, schwer und auf Rädern ist.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Liebherr eigentlich zustande?
Oliver Trowitzsch: Die Zusammenarbeit begann lange vor meiner Zeit. Der Großvater meiner Frau hatte schon mit Liebherr zu tun, und später hat mein Schwiegervater das Geschäft übernommen. Als Liebherr Anfang der 60er-Jahre in Ehingen den Standort eröffnete, begann man bereits, Krane von Ott lackieren zu lassen. So ist die langjährige Partnerschaft entstanden.
Das neue Lackierzentrum in Öpfingen haben Sie auf Effizienz getrimmt. Können Sie das näher erläutern?
Oliver Trowitzsch: Gerne. Mir war es wichtig, die Wege für Mitarbeiter und Technik kurz zu halten und die eingesetzte Energie optimal zu nutzen. Früher haben wir Strom eingekauft, um unsere Anlagen zu betreiben, und zusätzlich Gas, um Wärme zu erzeugen. Der Wirkungsgrad war dabei nicht ideal, weil viel Energie ungenutzt blieb. Mit dem Neubau setzen wir auf ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Wir kaufen Gas, erzeugen damit unseren eigenen Strom und nutzen gleichzeitig die entstehende Abwärme. Zusätzlich haben wir eine große Photovoltaikanlage auf dem Dach. An sonnigen Tagen können wir damit unseren gesamten Strombedarf decken.
Haben Sie diese Maßnahmen aus wirtschaftlichen Gründen eingeführt oder spielen Effizienz und Nachhaltigkeit eine größere Rolle?
Oliver Trowitzsch: Beides. Energieeffizienz wird immer wichtiger, auch bei Banken und Investoren. Wir müssen regelmäßig Energieaudits durchführen, und Themen wie Nachhaltigkeit fließen in Unternehmensbewertungen ein. Zum Glück sind wir seit 1998 EMAS-zertifiziert, was uns in vielen Bereichen gut aufstellt. Es ist aber auch ein wirtschaftlicher Faktor, da Energie immer teurer wird, und wir wollten unsere Anlagentechnik auf dem neuesten Stand halten. Ich bin überzeugt, dass dies langfristig der bessere Weg ist.
Wie haben Sie große Maschinen vor dem Neubau in Öpfingen lackiert?
Oliver Trowitzsch: In Ehingen hatten wir bereits eine Halle mit einem hohen Turm, in dem wir die Kranarme aufstellen konnten. Allerdings war der Ablauf kompliziert und mit viel Rangierarbeit verbunden. Unsere alte Halle wurde immer wieder erweitert, aber der Prozess war nicht optimal. Mit dem Neubau in Öpfingen haben wir nun eine Anlage, die speziell auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist. Die Halle ist groß genug, um den Kran komplett aufzustellen und zu drehen, was die Lackierung deutlich erleichtert und effizienter macht.
Wie unterscheidet sich die Lackierung einer Baumaschine von der eines Pkw?
Oliver Trowitzsch: Bei einem Pkw ist die Vorarbeit viel filigraner und genauer. Eine Baumaschinenlackierung muss wirtschaftlich bleiben – man kann hier keine horrenden Summen ausgeben. Die Lacke sind auch andere: Wir verwenden spezielle Industrie-Nasslacke, die zwar qualitativ hochwertig, aber nicht mit den Lacken im Pkw-Bereich vergleichbar sind. Im Pkw-Bereich arbeiten wir mit einem Zweischichtaufbau – Basislack und Klarlack. Bei Baumaschinen bleibt es meist bei einer Einschichtlackierung.
Das überrascht, wenn man bedenkt, dass Baumaschinen oft Jahrzehnte im Einsatz sind.
Oliver Trowitzsch: Das stimmt. Die Langlebigkeit erreichen wir durch eine besonders solide Vorarbeit und die Verwendung von Qualitätslacken. Jeder Arbeitsschritt muss sauber durchgeführt werden. Wenn bereits beim Waschen oder bei der Montage unsauber gearbeitet wird, kann die Lackierung hinterher nicht optimal sein.
Welche Lackiertechniken setzen Sie bei Baumaschinen ein?
Oliver Trowitzsch: Wir arbeiten mit einer Zwei-Komponenten-Anlage. Dem Lack wird ein Härter beigefügt, und die beiden Komponenten reagieren miteinander. Die Reaktion beginnt bei Raumtemperatur und läuft über Nacht. Am nächsten Tag ist der Lack so weit ausgehärtet, dass wir weiterarbeiten können. Bei Bedarf können wir die Trocknung durch höhere Temperaturen beschleunigen, was allerdings einen höheren Energieaufwand bedeutet.
Wie viel Handarbeit ist das Lackieren?
Oliver Trowitzsch: Tatsächlich ist das meiste Handarbeit. Unsere Anlagentechnik ist auf dem neuesten Stand, aber der Lackierprozess selbst bleibt manuell. Wir haben überlegt, Lackierroboter für Anbauteile einzusetzen, aber der Aufwand wäre zu hoch. Jedes Teil müsste digitalisiert und programmiert werden, was bei der Vielzahl unterschiedlicher Teile unwirtschaftlich ist.
Welche besonderen Herausforderungen treten bei der Lackierung großer Maschinen auf?
Oliver Trowitzsch: Es ist körperlich anstrengend und erfordert viel Erfahrung. Für eine große, achtachsige Maschine braucht man drei Personen, die fünf bis sechs Stunden am Stück arbeiten. Die Vorarbeit ist ebenfalls aufwendig: Alles muss abgeklebt, geschliffen und vorbereitet werden. Die Arbeit stellt hohe Anforderungen an unser Team.
Wie viele Personen arbeiten beispielsweise gleichzeitig an einem Mobilkran?
Oliver Trowitzsch: Insgesamt haben wir hier am Standort 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und arbeiten in zwei Schichten. Die Anzahl der benötigten Personen hängt allerdings vom Arbeitsschritt ab. In der Waschhalle arbeiten zwei Personen, in der Vorbereitung bis zu zehn. Beim Lackieren des Unterwagens sind es zwei Personen, beim Oberwagen drei. In der Fertigstellung, wo alles wieder zusammengesetzt wird, sind es zwischen vier und fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das klingt aufwendig. Wie lange dauert der gesamte Prozess?
Oliver Trowitzsch: Der Ablauf ist gut strukturiert: ein Tag für die Demontage und das Waschen, ein weiterer für die Vorbereitung und dann jeweils ein Tag für die Lackierung von Unter- und Oberwagen. Für die Fertigstellung benötigen wir anderthalb bis zwei Tage. Insgesamt dauert der Prozess etwa fünf bis sechs Tage.
Wie stellen Sie bei Baumaschinen sicher, dass die Lackierung langlebig ist, besonders unter harten Bedingungen?
Oliver Trowitzsch: Durch die Verwendung von Qualitätslacken und eine sorgfältige Vorarbeit. Wir setzen Lacke von renommierten Herstellern wie AkzoNobel ein. Jeder Arbeitsschritt wird genau überwacht, um ein optimales Ergebnis zu gewährleisten.
Was passiert, wenn ein Fehler erst am Ende des Prozesses bemerkt wird?
Oliver Trowitzsch: Fehler können passieren, wir sind alle nur Menschen. Wenn eine Reklamation entsteht, diskutieren wir nicht lange. Wir holen das Gerät zurück, beheben den Fehler und stellen sicher, dass der Kunde zufrieden ist. Qualität und Kundenzufriedenheit stehen bei uns an erster Stelle.
Gibt es branchenspezifische Vorschriften oder Zertifizierungen, die Sie einhalten müssen?
Oliver Trowitzsch: Ja, die VOC-Verordnung regelt den Einsatz von Lösemitteln in der Lackierbranche. Wir müssen den Verbrauch reduzieren und dürfen nur eine bestimmte Menge einsetzen. Während in der Pkw-Lackierung oft Wasserlacke verwendet werden, um den Lösemittelanteil zu senken, sind diese im Baumaschinenbereich nicht praktikabel – sie sind teurer und erfordern einen höheren Energieaufwand beim Trocknen. Daher müssen wir andere Wege finden, um die Vorgaben zu erfüllen. Wir legen jährlich eine Lösemittelbilanz und einen Reduzierungsplan vor, um unsere Genehmigung zu behalten. Unsere EMAS-Zertifizierung hilft uns dabei und zeigt, dass wir die Vorschriften streng überwachen und einhalten.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen?
Oliver Trowitzsch: Der Nachwuchsmangel ist für uns ein zentrales Thema. Es gibt kaum junge Menschen, die einen handwerklichen Beruf erlernen möchten. Bewerbungen für Ausbildungsstellen? Aktuell gleich null. Das ist besorgniserregend. Wir haben derzeit nur eine Auszubildende und haben in den vergangenen drei Jahren nicht ausgebildet. Oft investieren wir viel in die Ausbildung, aber nach erfolgreichem Abschluss wechseln viele zur Industrie, wo sie deutlich mehr verdienen können. Das macht es schwierig, motiviert auszubilden, wenn die Fachkräfte uns danach verlassen.
Wie motivieren Sie Ihr Team, diese Herausforderungen zu bewältigen?
Oliver Trowitzsch: Wir bemühen uns, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. Dazu gehören gute Entlohnung, Prämiensysteme und Anwesenheitsboni. Ein positives Betriebsklima ist uns wichtig. Wir legen Wert auf ein gesundes und angenehmes Arbeitsumfeld, in dem sich alle wohlfühlen. Das Thema Produktivität ist allerdings entscheidend, damit wir wirtschaftlich arbeiten können und es sich für beide Seiten lohnt.
Wie sehen Sie die aktuellen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen?
Oliver Trowitzsch: Die steigenden Energiekosten und die politischen Rahmenbedingungen sind Herausforderungen, die uns beschäftigen. Veränderungen im Arbeitsmarkt und in der Wirtschaftspolitik wirken sich auf den Mittelstand aus. Es ist wichtig, dass politische Entscheidungen den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken und Unternehmen unterstützen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Branche und Ihres Unternehmens?
Oliver Trowitzsch: Wir blicken optimistisch in die Zukunft, auch wenn es Herausforderungen gibt. Unsere langjährige Partnerschaft mit Liebherr und unser guter Ruf in der Branche geben uns Zuversicht. Es ist wichtig, dass wir weiterhin flexibel bleiben und uns den Marktbedingungen anpassen. Der Mittelstand ist das Rückgrat der Wirtschaft, und wir sind stolz darauf, Teil davon zu sein.
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